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Dagegen wird auch hier das distributive Verhältnis durch die Wahl eines besonderen Präfixes stets aufs genaueste bezeichnet[1]. In der gleichen Funktion wird insbesondere die Reduplikation auch außerhalb des Kreises der amerikanischen Eingeborenensprachen gebraucht[2]. Wieder hat sich hier eine an sich gedankliche Form der Auffassung in der Sprache ihren unmittelbar-sinnlichen Ausdruck geschaffen. Die einfache Wiederholung des Lautes ist das zugleich primitivste und wirksamste Mittel, um die rhythmische Wiederkehr und die rhythmische Gliederung eines Aktes, insbesondere einer menschlichen Tätigkeit zu bezeichnen. Vielleicht stehen wir hier an einer Stelle, an der wir, wenn irgendwo, noch einen Blick in die ersten Motive der Sprachbildung und in die Art des Zusammenhangs zwischen Sprache und Kunst tun können. Man hat versucht, die Anfänge der Dichtung bis zu jenen ersten primitiven Arbeitsgesängen der Menschheit zurückzuverfolgen, in denen sich die empfundene Rhythmik der eigenen körperlichen Bewegungen gleichsam zum erstenmal nach außen wendet. Wie diese Arbeitsgesänge noch heute über die ganze Erde verbreitet sind und wie ähnlich sie sich allenthalben in ihrer Grundform bleiben, hat Büchers umfassende Untersuchung über Arbeit und Rhythmus gezeigt. Jede Form der physischen Arbeit bedingt schon beim Einzelnen, noch mehr aber, wenn sie in Gemeinschaft vollzogen wird, eine zweckmäßige Koordination von Bewegungen, die ihrerseits unmittelbar zur rhythmischen Zusammenfassung und zur rhythmischen Abteilung der einzelnen Arbeitsphasen hindrängt. Für das Bewußtsein stellt sich dieser Rhythmus in doppelter Art dar, indem er sich einmal in der reinen Bewegungsempfindung, in dem Wechsel des Anspannens und Erschlaffens der Muskel, andererseits in objektiver Form in den Wahrnehmungen des Gehörsinnes, in dem Gleichmaß der Laute und Geräusche, die die Arbeit begleiten, ausprägt. Das Bewußtsein des Tuns und seiner Differenzierung knüpft an diese sinnlichen Differenzen an: das Mahlen und Reiben, das Stoßen und Ziehen, das Pressen und Treten unterscheidet sich eben darin, daß es, wie seinen besonderen Zweck, so auch je seinen eigenen Takt und Ton besitzt. In der Fülle und Mannigfaltigkeit der Arbeitslieder, in den Spinn- und Webeliedern, den Dresch- und Ruderliedern,


  1. [1] S. Goddard, Athapascan (Hupa), (in Boas’ Handbook I, 104); vgl. Boas, Kwakiutl (a. a. O. I, 444): „The idea of plurality is not clearly developed. Reduplication of a noun expresses rather the occurence of an object here and there, or of different kinds of a particular object, than plurality. It is therefore rather a distributive than a true plural. It seems that this form is gradually assuming a purely plural significance[WS 1]“.
  2. [2] Vgl. die Anwendung der Reduplikation zur Bezeichnung des „distributiven“ Plurals in den Hamitensprachen s. Meinhof, Die Sprachen der Hamiten, S. 25, 171.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: singnificance
Empfohlene Zitierweise:
Ernst Cassirer: Philosophie der symbolischen Formen, erster Teil. Bruno Cassirer Verlag, Berlin 1923, Seite 197. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Philosophie_der_symbolischen_Formen_erster_Teil.djvu/213&oldid=- (Version vom 19.11.2022)