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von der es sich nicht ablösen kann. Dasselbe Verhältnis liegt zugrunde, wenn einige Sprachen Ausdrücke besitzen, die das Individuum, von dem die Rede ist, in einer ganz bestimmten Lage, als sitzend, liegend oder stehend, als gehend oder kommend bezeichnen, während ein einheitlicher Ausdruck für das Pronomen der dritten Person fehlt. Die Sprache der Tscherokesen, in der solche Unterscheidungen besonders ausgebildet sind, besitzt statt eines persönlichen Fürworts der dritten Person deren neun[1]. Andere Sprachen unterscheiden sowohl an der ersten, wie an der zweiten und dritten Person, ob sie sichtbar oder unsichtbar sind, und gebrauchen für jeden dieser Fälle ein besonderes Fürwort[2]. Neben den räumlichen Unterschieden der Lage und Entfernung wird oft auch die zeitliche Gegenwart oder Nicht-Gegenwart durch die besondere Form des Pronomens zum Ausdruck gebracht; auch können zu den örtlichen und zeitlichen Merkmalen noch andere qualifizierende Merkmale hinzutreten[3]. In allen diesen Fällen kommt, wie man sieht, den Ausdrücken, die die Sprache für den rein „geistigen“ Unterschied der drei Personen besitzt, zunächst noch eine unmittelbar-sinnliche, vor allem aber eine räumliche Tönung zu. Das Japanische hat, nach Hoffmann, aus einem Ortsadverbium, das eigentlich „Mittelpunkt“ besagt, ein Wort für das Ich, aus einem anderen, das „da“ oder „dort“ bedeutet, ein Wort für „Er“ geprägt[4]. In Erscheinungen dieser Art zeigt sich unmittelbar, wie die Sprache gleichsam einen sinnlich-geistigen Kreis um den Sprechenden zieht und wie sie dem Zentrum desselben das „Ich“, der Peripherie das „Du“ und „Er“ zuweist. Der eigentümliche „Schematismus“ des Raumes, den wir zuvor im Aufbau der Objektwelt verfolgt haben, bewährt sich hier in umgekehrter Richtung – und erst in dieser doppelten Funktion erfährt auch die Raumvorstellung selber im Ganzen der Sprache ihre vollkommene Durchbildung.

II. Die Zeitvorstellung

Eine wesentlich schwierigere und komplexere Aufgabe, als in der Ausbildung der Raumbestimmungen und Raumbezeichnungen hat die Sprache zu erfüllen, um zu einer genauen Scheidung und Bezeichnung der zeitlichen Verhältnisse zu gelangen. Die einfache Koordination der Raum- und Zeitform, die man in der erkenntnistheoretischen Betrachtung vielfach


  1. [1] S. Humboldt, Über den Dualis (W. VI, 1, 23); Fr. Müller, Grundriß II, 1, 224 f.
  2. [2] Boas, Kwakiutl (Handbook I, 527 ff.).
  3. [3] Goddard, Hupa (Handb. I, 117); Boas, Chinook (Handb. I, 574, 617 ff.).
  4. [4] S. Hoffmann, Japanische Sprachlehre, S. 85 ff.
Empfohlene Zitierweise:
Ernst Cassirer: Philosophie der symbolischen Formen, erster Teil. Bruno Cassirer Verlag, Berlin 1923, Seite 166. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Philosophie_der_symbolischen_Formen_erster_Teil.djvu/182&oldid=- (Version vom 9.10.2022)