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sich in einzelne Gruppen oder Individuen abteilen[1]. Aber die gedankliche Leistung dieses sprachlichen Mittels ist damit bei weitem nicht erschöpft. Wie für die Darstellung der Mehrheit und Wiederholung, so kann die Reduplikation auch für die Darstellung mannigfacher anderer Verhältnisse, insbesondere für Raum- und Größenverhältnisse, eintreten. Scherer bezeichnet sie als eine grammatische Urform, die im wesentlichen dem Ausdruck dreier Grundanschauungen: der Anschauung der Kraft, des Raumes und der Zeit diene[2]. Aus der iterativen Bedeutung entwickelt sich in einem naheliegenden Übergang die rein intensive, wie sie sich beim Adjektivum in der Bildung der Steigerungsform, beim Verbum in der Bildung von Intensivformen darstellt, die dann wieder häufig in Kausativform übergehen[3]. Auch sehr feine modale Unterschiede einer Handlung oder eines Vorgangs können durch das einfache Mittel der Lautwiederholung angedeutet werden: wie z. B. in verschiedenen amerikanischen Eingeborenensprachen die reduplizierte Form des Verbums zur Verwendung kommt, um eine Art „Unwirklichkeit“ der Handlung zu bezeichnen, um auszudrücken, daß sie nur in der Absicht oder „Vorstellung“ besteht, aber nicht zur realen Vollendung gelangt ist[4]. In alledem hat offenbar die Reduplikation die Phase der bloß sinnlichen Schilderung oder Andeutung eines gegenständlichen Seins längst hinter sich gelassen. Dies tritt unter anderem auch an einer eigentümlichen Polarität ihres Gebrauchs hervor, kraft deren sie nicht nur zum Ausdruck und Träger verschiedener, sondern geradezu entgegengesetzter Bedeutungsmodalitäten werden kann. Neben der verstärkenden Bedeutung kommt ihr gelegentlich auch die genau umgekehrte, die abschwächende Bedeutung zu, so daß sie beim Adjektivum zur Bildung der Diminutivformen, beim Verbum zur Bildung von Limitativformen gebraucht wird[5].


  1. [1] Vgl. hierzu bes. die Beispiele aus dem semitischen Sprachkreis bei Brockelmann, Grundr. der vergl. Gramm. der semitischen Sprachen, Berlin 1908/13, II, 457 ff.
  2. [2] Scherer, Zur Gesch. der deutschen Sprache, S. 354 f.
  3. [3] Belege finden sich vor allem in der Schrift von F. A. Pott, Doppelung (Reduplikation, Gemination) als eines der wichtigsten Bildungsmittel der Sprache (1862); s. auch das reichhaltige Material bei Brandstetter, Die Reduplikation in den indianischen, indonesischen und indogermanischen Sprachen, Luzern 1917.
  4. [4] „Reduplication is also used to express the diminutive of nouns, the idea of a playful performance of an activity, and the endeavor to perform an action. It would seem that in all these forms we have the fundamental idea of an approach to a certain concept without its realization.“ (Fr. Boas, Kwakiutl, Handb. of Amer. Ind. Lang. I, 444 f.; vgl. bes. 526 f.)
  5. [5] Belege hierfür aus dem Kreise der Südseesprachen bei Codrington, The Melanesian languages, Oxford 1885, S. 147; Ray, a. a. O., S. 356, 446; für die amerikanischen Eingeborenensprachen s. z. B. Boas, Handbook I, 526 u. ö.
Empfohlene Zitierweise:
Ernst Cassirer: Philosophie der symbolischen Formen, erster Teil. Bruno Cassirer Verlag, Berlin 1923, Seite 144. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Philosophie_der_symbolischen_Formen_erster_Teil.djvu/160&oldid=- (Version vom 6.10.2022)