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zu dem Punkte der Trennung zurückgehen könnte, wahrhaft identische Begriffe sind, und daß es in diesem Sinne Kreise der Individualität gibt, von dem schwachen, hilfsbedürftigen und hinfälligen Einzelnen hin bis zum uralten Stamme der Menschheit, weil sonst alles Verstehen bis in alle Ewigkeit hin unmöglich sein würde.“ So ist auch eine Nation in diesem Sinne eine durch eine bestimmte Sprache charakterisierte geistige Form der Menschheit, in bezug auf idealische Totalität individualisiert. „Die Individualität zerschlägt, aber auf eine so wunderbare Weise, daß sie gerade durch die Trennung das Gefühl der Einheit weckt, ja als ein Mittel erscheint, diese wenigstens in der Idee herzustellen … Denn tief innerlich nach jener Einheit und Allheit ringend, möchte der Mensch über die trennenden Schranken seiner Individualität hinaus, muß aber gerade, da er, gleich dem Riesen, der nur von der Berührung der mütterlichen Erde seine Kraft empfängt, nur in ihr Stärke besitzt, seine Individualität in diesem höheren Ringen erhöhen. Er macht also immer zunehmende Fortschritte in einem in sich unmöglichen Streben. Hier kommt ihm nun auf eine wahrhaft wunderbare Weise die Sprache zu Hilfe, die auch verbindet, indem sie vereinzelt, und in die Hülle des individuellsten Ausdrucks die Möglichkeit allgemeinen Verständnisses einschließt. Der Einzelne, wo, wann und wie er lebt, ist ein abgerissenes Bruchstück seines ganzen Geschlechts und die Sprache beweist und unterhält diesen ewigen, die Schicksale des Einzelnen und die Geschichte der Welt leitenden Zusammenhang[1].“

Kantische und Schellingsche Elemente durchdringen sich merkwürdig in diesem ersten metaphysischen Ansatz von Humboldts Sprachphilosophie. Auf dem Boden der kritischen Analyse der Erkenntnisvermögen stehend, sucht Humboldt zu dem Punkte vorzudringen, an dem der Gegensatz von Subjektivität und Objektivität, von Individualität und Allgemeinheit zu reiner Indifferenz sich aufhebt. Aber der Weg, den er in der Aufweisung dieser letzten Einheit nimmt, ist nicht der Weg der intellektuellen Anschauung, die uns unmittelbar über alle Schranken des „endlichen“ analytisch-diskursiven Begriffs hinwegheben soll. Wie Kant als Kritiker der Erkenntnis, so steht Humboldt als Kritiker der Sprache in dem „furchtbaren Bathos der Erfahrung“. Fort und fort betont er, daß ihre Betrachtung, wenngleich sie in die letzten Tiefen der Menschheit zu führen bestimmt sei, um nicht chimärisch zu werden, von der ganz trockenen, sogar mechanischen Zergliederung des Körperlichen in ihr anfangen müsse. Denn jene ursprüngliche Übereinstimmung zwischen der


  1. [1] Über die Verschiedenheiten des menschlichen Sprachbaues (Vorstudie zur Einleitung zum Kawiwerk); Gesamm. Schriften (Akademie-Ausgabe), Bd. VI, 1, S. 125 f.
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Ernst Cassirer: Philosophie der symbolischen Formen, erster Teil. Bruno Cassirer Verlag, Berlin 1923, Seite 100. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Philosophie_der_symbolischen_Formen_erster_Teil.djvu/116&oldid=- (Version vom 28.9.2022)