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Philon: Ueber Belohnungen und Strafen (De praemiis et poenis) übersetzt von Leopold Cohn

hinschwinden lassen, so bringen sie schwereres Leid als die aus Uebertreibungssucht erdichteten tragischen Geschichten zu enthalten pflegen.

137 (4.) Knechtschaft ist für den freien Mann etwas ganz Unerträgliches; um ihr zu entgehen, würden die verständig [p. 431 M.] Denkenden gern sterben und setzen sie sich allen Gefahren und Kämpfen aus wider den, der sie mit seiner Herrschaft bedroht. Unerträglich ist aber auch ein unbezwinglicher Feind. Wenn nun gar einer beides zugleich ist, Herr und Feind, wie wäre es da zu ertragen, dass er nach seinen Befugnissen als Herr die Macht hat (dem Knecht) unrecht zu tun und in unversöhnlicher Feindschaft entschlossen ist ihn unnachsichtlich zu behandeln? 138 Darum droht Gott denen, die die heiligen Gesetze missachten, dass ihre Feinde ihnen unbarmherzige Herren sein werden, denen sie nicht nur bei ihrem feindseligen Angriff unterlegen sind, sondern sogar freiwillig sich ausgeliefert haben infolge der schlimmen Lage, in die sie Hunger und Mangel an den notwendigen Mitteln versetzt haben (5 Mos. 28,48); glauben doch manche das kleinere Uebel wählen zu müssen, wenn sie grösseres vermeiden können, — wenn hier überhaupt von Kleinem die Rede sein kann. 139 Als Knechte werden sie mit dem Körper die Ausführung harter Befehle übernehmen müssen, aber härter noch wird der schmerzliche Anblick sein, der ihre Seele bis zur Verzweiflung peinigen wird; denn sie werden es mitansehen, wie ihre Feinde die Erbbesitzer dessen geworden sind, was sie selbst gebaut oder gepflanzt oder erworben haben, und wie sie fremdes Gut wie für sie hergerichtetes geniessen (5 Mos. 28,30). Sie, die Beraubten, werden sehen, wie die Räuber von ihrem fetten Vieh schmausen, wie sie es schlachten und zu frohem Mahle zubereiten (ebd. V. 31); sie werden sehen, wie selbst ihre Frauen, die sie zur Erzeugung ehelicher Kinder heimgeführt haben, sittsame und ihre Männer liebende Hausfrauen, wie Buhldirnen misshandelt werden (ebd. V. 30). 140 Sie werden sich zwar zur Wehr setzen, aber bis auf einige unruhige Bewegungen werden sie nichts ausrichten können, weil sie ganz entkräftet und entnervt sind (ebd. V. 32); denn es werden denen, die wegführen, wegtragen, rauben, misshandeln, verwunden wollen, bestimmte Ziele

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Philon: Ueber Belohnungen und Strafen (De praemiis et poenis) übersetzt von Leopold Cohn. Breslau: H. & M. Marcus, 1910, Seite 417. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhilonPraemGermanCohn.djvu/039&oldid=- (Version vom 4.10.2017)