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Philon: Ueber Belohnungen und Strafen (De praemiis et poenis) übersetzt von Leopold Cohn

überrannte der unvernünftige Teil der Seele den vernünftigen; der andere dagegen war sanft und menschenfreundlich, ein Freund tugendhaften Strebens und gerechten und bescheidenen [p. 418 M.] Handelns, er gehörte der besseren Klasse (von Menschen) an, er war Vorkämpfer der Vernunft und Gegner der Unvernunft. 60 Dieser ist der dritte der Erzväter, der mit Kindern gesegnet war und lauter gute Kinder hatte, der an keinem Teile seines Hauses Schaden erlitt, wie ein glücklicher Landmann, der seine ganze Aussaat gut gedeihen und schöne Früchte tragen sieht.

61 (11.) Abgesehen von der buchstäblichen Erklärung drückt aber auch jeder von den dreien symbolisch einen verborgenen Gedanken aus, den wir beachten müssen. Ein jeder, der belehrt wird, gelangt zum Wissen und gibt die Unkenntnis auf. Die Unkenntnis ist aber mannigfaltiger Art. Deshalb heisst es von dem ersten (Erzvater), dass er zwar viele Söhne hatte, aber keinen von ihnen für würdig erachtete, sich seinen Sohn zu nennen, ausser einem; denn auch der Lernende verstösst gewissermassen die Kinder seiner Unkenntnis und verabscheut sie wie verhasste Feinde. 62 Denn wir Menschen befinden uns, bevor die Vernunft in uns zur Reife gelangt, naturgemäss alle auf der Grenze zwischen Schlechtigkeit und Tugend und neigen uns noch nach keiner Seite. Sobald aber der Geist flügge wird und mit ganzer Seele und in allen ihren Teilen die Vorstellung von dem Guten gewinnt, so gibt er sich ihm ganz hin und möchte es im Fluge erreichen und lässt das ihm angeborene und nahe verwandte Böse hinter sich, das denn auch entflieht und den entgegengesetzten Weg ohne Säumen einschlägt. 63 Das ist es, was (die heilige Schrift) andeutet, wenn sie berichtet, dass dem von Natur glücklich Veranlagten (Isaak) zwei Zwillingssöhne geboren wurden; denn eines jeden Menschen Seele geht anfangs, bei der Geburt, mit Zwillingen schwanger, mit dem Bösen und dem Guten, wie gesagt, denn von beiden hat sie eine Vorstellung; wenn sie aber den glücklichen und beseligenden Teil erlangt, wendet sie sich mit ihrem ganzen Gewicht dem Guten zu, neigt sich niemals nach der andern Seite und schwankt nicht hin und her, um das Gleichgewicht zu erhalten. 64 Die Seele aber, die sowohl gut veranlagt ist als auch einen guten Unterricht

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Philon: Ueber Belohnungen und Strafen (De praemiis et poenis) übersetzt von Leopold Cohn. Breslau: H. & M. Marcus, 1910, Seite 398. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhilonPraemGermanCohn.djvu/020&oldid=- (Version vom 2.10.2017)