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Philon: Ueber Belohnungen und Strafen (De praemiis et poenis) übersetzt von Leopold Cohn

sehr passend, dass er als dritten (Preis) die Prophetie erhielt, damit er keine Fehler begehe; denn ein Dolmetscher ist der Prophet, dem Gott durch eine innere Stimme eingibt, was er sagen soll[1]; bei Gott ist aber kein Fehl. 56 Als vierten erhielt er das höchste Priesteramt, kraft dessen er auf Grund der in prophetischem Geiste erlangten Erkenntnis den Dienst des Seienden regeln und die Danksagungen für die glückliche Lage der Untergebenen und für den Fall, dass sie sündigten, die Gelübde und Gebete zur Versöhnung (Gottes) anordnen sollte. Diese vier Aemter, die ja von einer Idee ausgehen, sollten durch das Band der Harmonie verknüpft Hand in Hand miteinander gehen und in einem Manne vereinigt sein; denn wer auch nur in einem von den vier Aemtern versagt, ist nicht reif für die Führerschaft, seine Verwaltung der Staatsangelegenheiten würde auf einem Fusse hinken.

57 (10.) In Betreff der für einen einzelnen Mann gegebenen Belohnungen mag dies genügen. Es werden solche aber auch ganzen Häusern und an Mitgliederzahl reichen Familien verliehen. Das (jüdische) Volk ist in zwölf Stämme geteilt, und entsprechend den zwölf Stämmen gibt es zwölf Stammväter, die nicht nur einem Hause oder einer Familie angehören, sondern noch enger verwandt sind: sie sind sämtlich Brüder von einem Vater, und ihr Grossvater und Urgrossvater sind zusammen mit ihrem Vater die (drei) Erzväter des Volkes. 58 Der erste unter diesen dreien, der vom Irrglauben zur Wahrheit sich bekehrte und das Gaukelspiel der chaldäischen Wissenschaft verachtete infolge einer höheren Erscheinung, durch deren Anblick angezogen, wie das Eisen von dem Magnetstein angezogen wird, er diese Vorstellung weiter verfolgte und aus einem Sophisten ein Weiser durch Belehrung wurde, — dieser Mann hatte viele Söhne, aber alle waren sie Sünder ausser einem, der gleichsam die Ankertaue des Geschlechts festband und sicher in den Hafen einlief. 59 Diesem Sohne, der eine so glückliche Naturanlage besass, dass er sich selbst belehren konnte, wurden zwei Söhne geboren: der eine war wild und unbändig, von verwegenem Mute und voller Begierde, bei ihm


  1. Vgl. Ueber die Einzelgesetze I § 65.
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Philon: Ueber Belohnungen und Strafen (De praemiis et poenis) übersetzt von Leopold Cohn. Breslau: H. & M. Marcus, 1910, Seite 397. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhilonPraemGermanCohn.djvu/019&oldid=- (Version vom 2.10.2017)