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Philon: Ueber Joseph (De Josepho) übersetzt von Leopold Cohn

angenehm machen; ich werde dir auch den heissgeliebten Sohn wiedergeben, der einstmals vor vielen Jahren tot geglaubt wurde und der jetzt nicht nur lebend, sondern auch als Beherrscher eines so grossen Landes wiedererscheint“. Da wurde Jakob von guter Hoffnung erfüllt und betrieb freudig in aller Frühe die Abreise. 256|Als der Sohn vernahm — denn Späher und Wegweiser berichteten ihm alles —, dass der Vater nicht mehr weit von der Grenze entfernt sei, ging er ihm rasch entgegen; und als sie bei der sogenannten Heroenstadt[1] sich trafen, fielen sie sich in die Arme, lehnten jeder den Kopf auf die Schulter des andern und benetzten ihre Kleider mit Tränen; so hielten sie sich in langer Umarmung und konnten nur mit Mühe ein Ende finden; dann eilten sie zusammen zur Residenz. 257|Als der König den Greis erblickte, war er über sein ehrwürdiges Aussehen erstaunt und begrüsste ihn mit aller Achtung und Ehrerbietung wie seinen eigenen Vater, nicht wie den eines Untergebenen; und nach den der Sitte entsprechenden ausnehmend freundlichen Begrüssungen schenkt er ihm ein fruchtbares und sehr ertragreiches Stück Land; und da er erfährt, dass seine Söhne Viehzüchter seien, deren Habe grösstenteils in Viehherden bestehe, setzt er sie zu Hütern seiner eigenen Herden ein und übergibt seine Ziegen-, Rinder- und Schafherden und alle andern ihrer Obhut.

258(43.) Der Jüngling aber bewies seine Treue in ausserordentlicher Weise; denn obwohl die Zeitverhältnisse ihm sehr viel Gelegenheit boten, sich zu bereichern, so dass er in kurzem der Reichste seiner Zeit hätte werden können, zog er doch den wahrhaft echten Reichtum dem unechten und den „sehenden“ dem „blinden“[2] vor und speicherte alles Silber und Gold, das er aus dem Verkauf des Getreides zusammenbrachte, in den Schatzkammern des Königs auf und entwendete nicht eine Drachme, sondern begnügte sich allein mit den Geschenken, die der König zum Dank ihm machte. 259|Wie ein einzelnes Haus verwaltete dieser Mann Aegypten


  1. Die Septuaginta übersetzt 1 Mos. 46,29 גשנה‎ (nach Gosen) durch καθ᾿ ῾Ηρώων πόλιν. Auch Josephus Alt. II § 184 folgt hier der Septuaginta.
  2. Vgl. Ueber Abraham § 25.
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Philon: Ueber Joseph (De Josepho) übersetzt von Leopold Cohn. Breslau: H. & M. Marcus, 1909, Seite 210. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhilonJosGermanCohn.djvu/057&oldid=- (Version vom 6.9.2017)