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Philon: Ueber Joseph (De Josepho) übersetzt von Leopold Cohn

dem ich hauptsächlich meine Gnade widme, und der natürlichen Freundlichkeit, die ich gegen alle Menschen übe, besonders aber gegen die von meinem Blute. 241|Auch meine ich, dass das Geschehene nicht von euch, sondern von Gott veranlasst ist, weil er wollte, dass ich der dienstfertige Bote seiner Gnadengeschenke werde, die er in diesen Zeiten der Not dem Menschengeschlechte gewähren wollte. 242|Einen deutlichen Beweis könnt ihr aus dem entnehmen, was ihr hier sehet: über ganz Aegypten bin ich als Verwalter gesetzt, ich nehme die erste Ehrenstellung beim Könige ein, und er, der älter ist als ich, ehrt mich, obwohl ich jung bin, wie einen Vater; und verehrt werde ich nicht nur von den Bewohnern dieses Landes, sondern auch von sehr vielen andern Völkern, sowohl untertänigen als selbständigen; denn alle bedürfen eines Schutzherrn wegen der Hungersnot. 243|Silber und Gold und, was viel notwendiger ist, die Nahrungsmittel werden bei mir allein aufbewahrt, ich verteile sie nach den notwendigen Bedürfnissen an alle Bedürftigen, so dass weder Ueberfluss an Mitteln zum Schwelgen vorhanden ist, noch auch etwas fehlt zur Beseitigung der Not. 244|Aber das erzähle ich nicht, um mich zu brüsten und damit zu prahlen, sondern damit ihr erkennet, dass nicht ein Mensch der Urheber solchen Glückes werden konnte für einen, der einst Sklave und dann auch Gefangener war — ich wurde nämlich auch einmal auf falsche Anklage hin gefangengesetzt —, sondern dass Gott es war, der das schlimmste Unglück und Missgeschick in das höchste und herrlichste Glück verwandelt hat; denn ihm ist ja alles möglich. 245|So denke ich; darum fürchtet euch nicht mehr, werfet allen Kummer von euch und wandelt ihn in heiteren Frohsinn um. Es wäre auch gut, wenn ihr schnell zum Vater eiltet, um ihm zuerst die frohe Botschaft von meiner Auffindung zu bringen; denn Gerüchte dringen schnell überall hin“. 246|(41.) Die Brüder verkündeten nun der Reihe nach sein Lob und priesen ihn unaufhörlich in überströmenden Worten, indem der eine dies, der andere das hervorhob, der eine seine Versöhnlichkeit, der andere seine Verwandtenliebe, ein dritter seine Einsicht; alle aber insgesamt rühmten seine Frömmigkeit, weil er den

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Philon: Ueber Joseph (De Josepho) übersetzt von Leopold Cohn. Breslau: H. & M. Marcus, 1909, Seite 207. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhilonJosGermanCohn.djvu/054&oldid=- (Version vom 6.9.2017)