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Philon: Ueber Joseph (De Josepho) übersetzt von Leopold Cohn

zogen wir sehr betrübt ab und meldeten, kaum nach Hause zurückgekehrt, dem Vater den von dir erhaltenen Befehl. 225|Er widersprach anfangs, da er um den Knaben sehr besorgt ist; als uns aber die Lebensmittel ausgingen und keiner von uns wegen deiner Drohungen wagte, zum Getreidekauf hierher zu reisen ohne den Jüngsten, liess er sich nur mit Mühe überreden ihn mitzuschicken; er machte uns viele Vorwürfe, weil wir bekannt hatten, noch einen Bruder zu haben, und beklagte es gar sehr, dass er sich von ihm trennen solle; denn er ist noch unmündig und unerfahren in allen Dingen, nicht nur in Angelegenheiten der Fremde, sondern auch in einheimischen. 226|Wie sollen wir nun zu dem so gesinnten Vater zurückkehren? Wie werden wir ihm, (wenn wir) ohne den Knaben (kommen), in die Augen sehen können? Er wird — o des Jammers! — sterben, wenn er nur vernimmt, dass der Knabe nicht zurückgekehrt ist. Dann werden uns Mörder und Vatermörder nennen alle feindlich Gesinnten, die über solches Unglück Schadenfreude empfinden. 227|Der grösste Teil der Schuld aber wird auf mich fallen; denn viele Versprechungen habe ich dem Vater gemacht, ich erklärte ihm, dass ich ein anvertrautes Pfand übernehme, das ich zurückgeben werde, wann es verlangt wird. Wie aber kann ich es zurückgeben, wenn du dich nicht erbitten lassest? Ich flehe dich an, Mitleid zu haben mit dem Greis und zu bedenken, welcher Kummer ihn treffen wird, wenn er (den Knaben) nicht wiedererhält, den er mir widerwillig anvertraut hat. 228|Verhänge du nur die Strafe für die Schädigung, die du erlitten zu haben glaubst. Ich will sie gern auf mich nehmen; erkläre mich vom heutigen Tage an als deinen Sklaven, freudig will ich die Arbeiten eben gekaufter Sklaven verrichten, wenn du den Knaben ziehen lassen willst. 229|Die Gnade aber, falls du sie gewährst, wird nicht (der Knabe) selbst empfangen, sondern der von seinen Sorgen befreite Mann, der nicht anwesend ist, der Vater dieser Männer hier, die alle als Schutzflehende vor dir stehen; denn Schutzflehende sind wir, die zu deiner erhabenen Rechten flüchten[1] — o möchte es keine Fehlbitte sein! 230|Habe


  1. „Zur Rechten flüchten“, weil man die Rechte gibt zum Zeichen einer Zusage, eines Versprechens, einer Gnade.
Empfohlene Zitierweise:
Philon: Ueber Joseph (De Josepho) übersetzt von Leopold Cohn. Breslau: H. & M. Marcus, 1909, Seite 204. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhilonJosGermanCohn.djvu/051&oldid=- (Version vom 6.9.2017)