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Philon: Ueber Joseph (De Josepho) übersetzt von Leopold Cohn

einem Unglück Betroffenen gewöhnlich wieder in dasselbe Unglück geraten“. Unter solchen Reden bricht der Abend herein; sie nehmen daher den Zugtieren die Lasten ab und gönnen ihnen Ruhe, während sie selbst nur noch schwerere Sorge im Herzen empfanden; denn beim Ausruhen des Körpers pflegt die Seele, die sich das Unangenehme dann deutlicher vorstellt, gar sehr gequält und geängstigt zu werden. 180|(31.) Als aber einer einen Sack öffnete, sah er an der Oeffnung einen mit Geld gefüllten Beutel; wie er nachzählt, findet er, dass das ganze Kaufgeld, das er für das Getreide erlegt hatte, ihm zurückgegeben ist, und erschrocken erzählt er es den Brüdern. 181|Diese argwöhnen nicht eine Gnade, sondern eine Hinterlist, werden ängstlich und wollen zuerst alle Säcke durchsuchen, aber aus Furcht vor Verfolgung brechen sie schleunigst auf, rennen beinahe atemlos davon und legen einen Weg von vielen Tagen in kürzester Frist zurück. 182|Dann warfen sie sich einer nach dem andern weinend in die Arme des Vaters und umschlangen und küssten ihn leidenschaftlich, während sein Herz bereits Unangenehmes ahnte; denn sowie er sie wahrnahm, als sie herankamen und ihn begrüssten, erhob er schon gegen den zurückgebliebenen Sohn, als ob er sich verspätet hätte, Klage wegen seiner Langsamkeit und blickte immerfort auf den Eingang in dem Wunsche, die Kinder vollzählig zu sehen. 183|Da aber keiner mehr hineinkam und die Söhne ihn von Angst erfüllt sahen, sprachen sie endlich: „Lieber Vater, schlimmer als die Kenntnis des Unangenehmen ist der Zweifel; denn wenn man es weiss, findet man auch einen Weg zur Abhilfe, der Zweifel aber und die Ungewissheit verursacht nur Schwierigkeiten und Verlegenheiten. So vernimm denn eine sehr schmerzliche Nachricht, die aber verkündet werden muss. 184|Der mit uns zum Getreidekauf gesandte und nicht zurückgekehrte Bruder lebt — wir müssen dich gleich von der grösseren Furcht, dass er tot sei, befreien —; lebend verweilt er in Aegypten bei dem Landesverweser, der entweder infolge einer Verleumdung oder aus eigenem Argwohn uns beschuldigte, dass wir Kundschafter seien. 185|Als wir uns dagegen in angemessener Weise verteidigten und ihm von dir,

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Philon: Ueber Joseph (De Josepho) übersetzt von Leopold Cohn. Breslau: H. & M. Marcus, 1909, Seite 195. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhilonJosGermanCohn.djvu/042&oldid=- (Version vom 6.9.2017)