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Philon: Ueber Joseph (De Josepho) übersetzt von Leopold Cohn

besonders aber die Hofleute. 98|Während nun die hohen Beamten bewirtet werden und auch die Dienerschaft wie bei einem Volksfeste gespeist wird, erinnert sich der König der Eunuchen im Gefängnis und befiehlt, dass sie vor ihn gebracht werden; nachdem er sie angesehen, bestätigt er die Deutung der Träume, denn er gibt Befehl, dem einen den Kopf abzubauen und ihn an den Pfahl zu schlagen, dem andern dagegen das Amt zu übergeben, das er früher bekleidet hatte.

99 (19.) Der in Gnaden wieder aufgenommene Obermundschenk aber vergisst den Jüngling, der ihm die Wiedereinsetzung vorausgesagt und ihm das ganze Unglück, das ihn betroffen, erleichtert hatte, vielleicht weil jeder Undankbare seiner Wohltäter uneingedenk ist, vielleicht aber nach dem Ratschlusse der göttlichen Vorsehung, weil Gott wollte, dass dem Jüngling nicht durch menschliche, sondern durch seine Hilfe das Glück zu teil werde[1]. 100|Denn nach Ablauf von zwei Jahren wird dem Könige das, was das Land treffen sollte, Glück und Unglück, in zwei Traumerscheinungen geweissagt, die zur besseren Bekräftigung beide dasselbe bedeuteten. 101|Er sah nämlich im Traume, dass sieben fette, wohlgenährte und schön aussehende Kühe aus dem Flusse heraufstiegen und am Ufer weideten, dass nach ihnen sieben andere, magere, abgezehrte und sehr hässliche heraufkamen p. 56 M. und mit den ersten weideten, dass dann plötzlich die besseren von den schlechteren verzehrt wurden, diese aber, nachdem sie sich so genährt, nicht im geringsten an Leibesfülle zunahmen, sondern noch dünner oder ebenso dünn aussahen. 102|Nachdem er erwacht und wieder eingeschlafen war, bekam er eine zweite Traumerscheinung: sieben Weizenähren, die an einem Halme hervorwuchsen, von gleicher Grösse und von blühendem Aussehen, richteten sich kräftig in die Höhe; dann wuchsen sieben andere, magere und schwache in der Nähe empor, von denen in plötzlichem Ansturm der Halm


  1. Vgl. Midr. Beresch. R. c. 88 zu 1 Mos. 40,23: „Der Sinn der Worte „aber der Obermundschenk gedachte nicht des Joseph“ ist dieser: der Obermundschenk hat dich vergessen, aber ich (Gott) habe dich nicht vergessen“.
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Philon: Ueber Joseph (De Josepho) übersetzt von Leopold Cohn. Breslau: H. & M. Marcus, 1909, Seite 178. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhilonJosGermanCohn.djvu/026&oldid=- (Version vom 4.9.2017)