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Philon: Ueber Joseph (De Josepho) übersetzt von Leopold Cohn

war als alles Reden. 87|Indem er ihnen nämlich sein enthaltsames und tugendhaftes Leben wie ein gut gemaltes Bild vor Augen stellte, führte er selbst solche auf den rechten Weg zurück, die ganz unverbesserlich zu sein schienen; die langwierigen Krankheiten der Seele hörten bei ihnen allmählich auf, sie machten sich bereits Vorwürfe wegen der von ihnen begangenen Uebeltaten und bereuten und riefen aus: „Wo war eigentlich das Gute, das wir früher verfehlt haben? Denn siehe, da es zum Vorschein kommt, schämen wir uns in unser schlechtes Betragen wie in einen Spiegel hineinzusehen“.

88 (17.) Während diese so gebessert wurden, werden zwei Eunuchen des Königs (als Gefangene) eingebracht, der Obermundschenk und der Oberbäcker, die wegen Vergehen in ihren Aemtern angeklagt und verurteilt waren. Der Jüngling wandte auch diesen dieselbe Fürsorge zu wie den andern, mit dem Wünsche, dass er die seiner Obhut Anvertrauten so bessern könnte, dass sie Unbescholtenen glichen. 89|Als einige Zeit verstrichen war, sah er bei einem Besuch der Gefangenen, dass die Eunuchen nachdenklicher und betrübter waren als sonst, und da er aus der starken Betrübnis schloss, dass etwas Besonderes vorgefallen sein müsse, fragte er sie nach der Ursache. 90|Als sie nun erwiderten, dass sie Träume gehabt hätten und deshalb verstimmt und verdriesslich seien, weil keiner da sei, der sie ihnen deuten könnte, sagte er: „Seid guten Mutes und erzählet sie mir; wenn Gott will, wird ihre Bedeutung erkannt werden; er will aber die verborgenen Dinge denen, die Wahrheit verlangen, enthüllen“. 91|Darauf erzählt zuerst der Obermundschenk: „Ich sah im Traume, dass ein grosser Weinstock aus drei Wurzeln hervorwuchs und einen schöngewachsenen Stamm trieb, dass er blühte und Trauben trug wie zur Zeit der Reife, und dass ich, da die Traube schon überreif war, einige pflückte und in den königlichen Becher ausdrückte, den ich dann mit dem Getränk gefüllt dem Könige reichte“. 92|Darauf sagte der Jüngling nach einer Weile: „Glück verkündet dir die Traumerscheinung und die Wiedererlangung des früheren Amtes; die drei Wurzeln des Weinstockes nämlich bedeuten

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Philon: Ueber Joseph (De Josepho) übersetzt von Leopold Cohn. Breslau: H. & M. Marcus, 1909, Seite 176. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhilonJosGermanCohn.djvu/024&oldid=- (Version vom 4.9.2017)