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Philon: Ueber Joseph (De Josepho) übersetzt von Leopold Cohn

Dingen gewohnt verschiedener Meinung zu sein, stimmen allein darin alle überall ganz überein, alle sind der Ansicht, dass ein solches Verbrechen mehrfachen Tod verdient, und geben die dabei Ergriffenen ohne richterliches Urteil denen preis, die sie ertappt haben. 45|Du aber gehst noch weiter und mutest mir ein dreifaches Verbrechen zu, du heissest mich nicht nur Ehebruch treiben, sondern auch die Herrin und das Weib des Herrn schänden; bin ich etwa um deswillen in euer Haus gekommen, um unter Vernachlässigung der Dienste, die ein Diener leisten muss, mich dem Trunke zu ergeben, der Erwartungen des Herrn zu spotten und seine Ehe, sein Haus, seine Verwandtschaft zu schänden? 46|Im Gegenteil, nicht nur als Herrn, sondern auch als Wohltäter ihn zu ehren fühle ich mich verpflichtet. All sein Eigentum hat er mir anvertraut, nichts, weder Kleines noch Grosses, hat er davon ausgenommen ausser dir, seinem Weibe. Und diese Güte soll ich ihm durch das vergelten, wozu du mich aufforderst? Ein schönes Geschenk fürwahr würdenp. 49 M. ich ihm da als Gegenleistung geben, recht passend zu den vorausgegangenen Gnadenbeweisen. 47|Der Herr hat mich, den Gefangenen und Fremden, durch seine Wohltaten, soweit es an ihm lag, zu einem freien Bürgersmann gemacht, ich aber, der Sklave, soll dem Herrn wie einem Fremdling und Gefangenen begegnen? Mit welchen Gefühlen kann ich eine solche Schandtat begehen? Mit welchen Augen werde ich gefühlloses Eisen ihn dann ansehen? Das sich regende Gewissen wird mich ihm nicht gerade ins Auge blicken lassen, selbst wenn ich die Tat verheimlichen könnte; das werde ich aber keinesfalls können, denn es gibt zahlreiche Zeugen der heimlichen Tat, die nicht schweigen dürfen. 48|Ich will nicht davon reden, dass, wenn auch kein anderer es merkt oder, obwohl er es merkt, es nicht aussagt, um so mehr ich selbst mein eigener Angeber sein werde, durch die Gesichtsfarbe, den Blick, die Stimme, weil ich, wie ich schon vorhin sagte, von dem Gewissen gefoltert werde. Gesetzt aber, dass niemand es aussagen wird, müssen wir nicht die strafende Gerechtigkeit, die Beisitzerin Gottes und Aufseherin über alles Tun, fürchten und scheuen?“ 49|(10.) Während er dies

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Philon: Ueber Joseph (De Josepho) übersetzt von Leopold Cohn. Breslau: H. & M. Marcus, 1909, Seite 168. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhilonJosGermanCohn.djvu/016&oldid=- (Version vom 1.9.2017)