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Philon: Ueber Joseph (De Josepho) übersetzt von Leopold Cohn

auf dazu herangebildet wurde. 2|Die erste Vorbereitung empfing er im Alter von siebzehn Jahren durch die Lehren betreffend die Leitung von Viehherden, die mit denen der Staatskunst übereinstimmen, weshalb wohl auch die Dichter die Könige „Hirten der Völker“ zu nennen pflegen; denn wer sich in der Führung von Herden bewährt hat, dürfte wohl auch ein sehr guter König sein, da er bei den geringerer Fürsorge bedürftigen Herden Belehrung über die Sorge für die vorzüglichste Herde von Lebewesen, für die Menschen, empfangen hat; 3|und wie für den künftigen Heerführer und Feldherrn die Jagdübungen eine sehr notwendige Vorbereitung sind, ebenso ist für solche, die Hoffnung haben einstmals die p. 42 M. Leitung eines Staates zu übernehmen, der Hirtenberuf sehr geeignet als Vorübung für die Stellung eines Oberhauptes und Feldherrn. 4|Da nun sein Vater eine edle und aussergewöhnliche Sinnesart in ihm entdeckte, erstaunte er darüber und gab acht auf ihn und liebte ihn mehr als die andern Söhne[1], zumal er ein Spätgeborener war, ein Umstand, der ganz besonders zur Steigerung der Zuneigung beiträgt; und als Schönheitsfreund förderte er die natürliche Anlage des Knaben durch besondere und ausserordentliche Sorgfalt, damit sie nicht nur (wie Feuer in der Asche) glimme, sondern schneller hervorleuchte.

5 (2.) Der Neid aber, der gewöhnliche Feind grossen Glückes, griff auch da ein und riss ein in jeder Hinsicht glückliches Haus auseinander und reizte die Mehrzahl der Brüder gegen den einen auf; im Gegensatz zu der Zuneigung des Vaters für ihn zeigten sie ihm ihre Abneigung und hassten ihn in demselben Masse, wie er (vom Vater) geliebt wurde. Sie äusserten aber ihren Hass nicht, sondern verbargen ihn im Herzen, wodurch er natürlich nur noch mehr wuchs; denn die verborgenen Empfindungen, die sich nicht in losfahrenden Worten Luft machen können, werden dadurch nur schlimmer. 6|Er selbst (Joseph) bewahrt sich


  1. Vgl. Joseph. Altert. II § 9: „Den Joseph liebte Jakob sowohl wegen seiner körperlichen Schönheit als wegen der Vortrefflichkeit seiner Seele, denn er zeichnete sich durch Einsicht aus, mehr als die andern Söhne“.
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Philon: Ueber Joseph in der Übersetzung von Leopold Cohn. Breslau 1909, Seite 158. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhilonJosGermanCohn.djvu/006&oldid=- (Version vom 1.9.2017)