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Philon: Ueber den Dekalog (De decalogo) übersetzt von Leopold Treitel

Teil der Gesetze Gott selber, ohne einen Mittler zu gebrauchen, ganz allein zu offenbaren für gut fand, den andern durch den Propheten Moses, den er vor allen Menschen bevorzugte und als den zum Prophetenamt geeignetsten auserwählte. 19 Die von Gott selbst geoffenbarten Gesetze sind zugleich Gesetze und Grundprinzipien der Einzelgesetze, und die durch den Propheten gegebenen lassen sich sämtlich auf jene zurückführen. 20 (6.) Ich werde nun, so gut ich kann, über beide sprechen und zuerst über die allgemeinen Bestimmungen[1]. Bei diesen muss man gleich die Zahl bewundern, da sie in der Zehn, der vollkommenen Zahl[2], eingeschlossen sind, die alle Unterschiede der Zahlen umfasst, die der geraden, der ungeraden und der gerad-ungraden, der geraden wie die Zwei, der ungeraden wie die Drei, der gerad-ungeraden wie die Sechs[3], ebenso die Unterschiede der Zahlenverhältnisse, des vielfachen, des um einen Teil vermehrten und des um einen Teil verminderten. 21 Die Zehnzahl enthält weiter alle Analogien, zuerst die arithmetische Proportion, bei der eine Zahl um eben so viel grösser als eine andere ist als diese wieder kleiner als eine dritte, wie dies bei eins, zwei und drei der Fall ist, und die geometrische, bei der ebenso wie das zweite Glied zum ersten das dritte zum zweiten sich verhält, wie es der Fall ist bei eins, zwei und vier, und weiter die Verhältnisse des doppelten, des dreifachen, des vielfachen überhaupt, ferner das Verhältnis von 1 zu 1½, von 1 zu 1⅓ und ähnliches. Es schliesst die Zehn ferner das harmonische Verhältnis ein, bei dem das mittlere zwischen zwei äusseren Gliedern um denselben Bruchteil grösser ist als das eine und kleiner als das andere, wie das bei 3, 4 und 6 der Fall ist. 22 Die Zehn umfasst auch die hervorstechenden Eigenschaften der Dreiecke, Vierecke und der übrigen Polygone, wie auch die der [p. 184 M.] Musikakkorde, der Quarte in dem 1⅓-Verhältnis, 4 zu 3, der Quinte in dem 1½-Verhältnis, 3 zu 2, der Octave in dem Doppel-Verhältnis, 2 zu 1, und der Doppeloctave in dem


  1. d. h. die zehn Gebote.
  2. Die Pythagoreer bezeichneten die 10 als die vollkommenste Zahl, weil sie alle Zahlen über 10 nur als Wiederholung der 10 ersten betrachteten und deshalb alle Zahlen in der Zehnzahl enthalten glaubten.
  3. Für πέντε ist ἕξ zu lesen; vgl. Ueber die Weltschöpfung § 14. [L. C.]
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: Ueber den Dekalog (De decalogo) übersetzt von Leopold Treitel. Breslau: H. & M. Marcus, 1909, Seite 375. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhilonDecalGermanTreitel.djvu/009&oldid=- (Version vom 9.12.2016)