Seite:PhilonCherGermanCohn.djvu/014

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Philon: Ueber die Cherubim (De Cherubim) übersetzt von Leopold Cohn

31 (10.) Siehst du nicht, dass auch Abraham der Weise, als er begann alles nach Gott zu messen und nichts für das Geschaffene übrig zu haben, in Nachahmung des flammenden Schwerts „Feuer und Schlachtmesser nahm“ (1 Mos. 22,6), um das Sterbliche von sich abzutrennen und abzubrennen, in dem heftigen Verlangen, mit reiner Seele sich hoch zu Gott emporzuschwingen? 32 Den Bileam dagegen, „das nutzlose Volk“[1], der waffenlos ist, bezeichnet Moses als unkriegerischen und davonlaufenden Mann, während er selbst den Krieg versteht, den die Seele für das Wissen führen soll. Bileam sagt nämlich zu dem Esel, dem vernunftlosen Lebensweg, den jeder Unvernünftige beschreitet: „hätte ich ein Schwert, würde ich dich schon, durchbohrt haben“ (4 Mos. 22,29). Grosser Dank gebührt dem Schöpfer, der die Raserei der Unvernunft kennt, dass er ihr nicht wie ein Schwert einem Rasenden die Macht der Rede verliehen hat, damit sie nicht über alle, die ihr begegnen, grosses und ungerechtes Verderben bringe. 33 Dieselben Vorwürfe wie Bileam macht wohl jeder der Ungeweihten [p. 145 M.] mit immer unnützen Reden, wenn er den Beruf eines Kaufmannes oder Landmanns ausübt oder irgend ein anderes einträgliches Gewerbe betreibt: solange ihm alles gut gelingt, geht und fährt er froh einher und hält sich daran fest und will durchaus nicht davon ablassen, wirft vielmehr denen, die ihn auffordern, etwas aufzugeben und in seinen Begierden Mass zu halten wegen der Ungewissheit der Zukunft, Neid und Missgunst vor und behauptet, dass sie nicht aus Wohlwollen solche Vorschläge machen; 34 wenn ihn aber ein unerwartetes Unglück trifft, behandelt er diese wie gute Propheten und wie Leute, die Zukünftigem vorzubeugen besonders imstande sind, den Dingen aber, die an dem Unglück durchaus unschuldig sind, gibt er alle Schuld, dem Landbau, dem Handel, den anderen Gewerben, durch die er zu Geldreichtum zu gelangen glaubte. 35 (11.) Diese aber werden, obwohl sie keine Sprachwerkzeuge haben, die durch die Verhältnisse selbst gegebene Stimme erheben, die deutlicher ist als die durch die Zunge: „du Verleumder“, sagen sie, „sind wir nicht


  1. בּׅלְעָם‎ = בַּל עַם
Empfohlene Zitierweise:
: Ueber die Cherubim (De Cherubim) übersetzt von Leopold Cohn. Breslau: H. & M. Marcus, 1919, Seite 180. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhilonCherGermanCohn.djvu/014&oldid=- (Version vom 3.12.2016)