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Philon: Ueber die Cherubim (De Cherubim) übersetzt von Leopold Cohn

der Empfindungen der Freude und des Wohlbehagens[1], der auch Spielen, aber nicht denen der Kinder, sondern den göttlichen nicht ohne Eifer nachgeht. Dann erst werden die durch den Namen Hagar bezeichneten Vorkenntnisse, dann wird auch ihr mit seinem Scheinwissen sich brüstender Sohn mit Namen Ismael[2] vertrieben. 9 (3.) Sie werden aber die ewige Verbannung erleiden, da Gott ihre Vertreibung bestätigt, indem er dem Weisen befiehlt, auf die Worte der Sarah zu hören, und ausdrücklich gebietet, „die Magd und ihren Sohn zu vertreiben“ (1 Mos. 21,12.10). Der Tugend aber zu folgen ist sittliche Pflicht, besonders wenn sie die Lehre begründet, dass die ganz vollkommenen Naturen von den Beschaffenheiten mittlerer Art gar sehr verschieden sind, und dass die Weisheit mit der Scheinweisheit nichts zu schaffen hat; denn diese klügelt scheinbar glaubliche Dinge aus, um falsche Meinung hervorzubringen, die die Seele schädigt, die Weisheit dagegen verschafft durch sorgsame Pflege des Wahren den grossen Nutzen der Seele, die Erkenntnis von der „rechten Vernunft“[3]. 10 Was wundern wir uns also, dass Gott auch Adam, den Geist, der die unheilbare Krankheit der Unvernunft sich zugezogen hat, für alle Zeit aus der Stätte der Tugenden hinausgetrieben und ihm nicht gestattet hat, wieder zurückzukehren? Wird doch auch ganz und gar der Scheinweise und seine Mutter, die Schule der wissenschaftlichen Vorkenntnisse, vertrieben und wegverbannt von der Weisheit und dem Weisen, die die Schrift mit Namen Abraham und Sarah nennt.

11 (4.) Damals hatten das flammende Schwert und die Cherubim ihre Wohnstätte gegenüber[4] dem Garten. Der Ausdruck „gegenüber“ bezeichnet entweder etwas feindlich Gegenüberstehendes oder etwas, was sich zur Urteilsfällung stellt, wie der Angeklagte vor dem Richter, oder etwas Freundliches, was betrachtet und durch genaueres Anschauen vertrauter


  1. Dies ist wohl der Sinn der anscheinend verderbten Worte καὶ ἀποθανόντων τὰ πάθη χαρᾶς καὶ εὐφροσύνης. Für ἀποθανόντων ist vielleicht ἀπομαθόντων zu lesen; vgl. quis. rer. div. her. § 192.
  2. Ismael ist bei Philo der Typus des Sophisten (de poster. Caini § 131).
  3. ὀρθὸς λόγος, Welt- und Sittengesetz nach der Lehre der Stoiker.
  4. Die Septuaginta (1 Mos. 3,24) übersetzt מִקֶּדֶם‎ durch ἀπέναντι (gegenüber, im Angesichte).
Empfohlene Zitierweise:
Philon: Ueber die Cherubim (De Cherubim) übersetzt von Leopold Cohn. Breslau: H. & M. Marcus, 1919, Seite 174. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhilonCherGermanCohn.djvu/008&oldid=- (Version vom 3.12.2016)