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Philon: Über die Träume (De somnis) übersetzt von Maximilian Adler

Gute leben, eine sehr erfreuliche; denn es paßt zu Menschen, die nicht nur Männer genannt werden, sondern es wirklich sind.[1] 126 Du siehst ja, daß er auch jetzt den Ringer um gute Taten, obwohl er an königlichen Stoffen und Geräten Überfluß hat, an der Erde liegen, sich eines Steines als Kopfkissen bedienen und kurz darauf bei den Gelübden (1 Mos. 28, 20) um Brot und ein Gewand, den natürlichen Reichtum, bitten läßt, da er den in leeren Einbildungen bestehenden immer verspottete und sich über seine Bewunderer lustig machte. Er ist das typische Urbild einer tugendübenden Seele, die allem Weibischen und Mannweiblichen feind ist. [21] 127 Das Lob des Mühsal- und Tugendliebenden ist nun, soweit es sich unmittelbar aus dem Wortlaut ergibt, ausgesprochen worden, aber der symbolische Sinn ist noch zu erforschen. Man muß aber jetzt wissen, daß der göttliche Ort und der heilige Raum voll von unkörperlichen Logoi ist; diese Logoi aber sind unsterbliche Seelen.[2] 128 Von diesen Logoi nimmt er nun einen, wählt den seiner Stellung nach obersten und gleichsam das Haupt eines einheitlichen Körpers, und stellt ihn dicht neben seinem Geiste auf (1 Mos. 28, 11); denn dieser ist gewissermaßen das Haupt der Seele. Das tut er aber angeblich, um zu schlafen, in Wahrheit aber, um auszuruhen bei[3] dem göttlichen Logos und ihm sein ganzes Leben als leichteste Last aufzuerlegen. 129 Der aber erhört ihn gern und nimmt den Ringer auf, zuerst, als sollte er sein Schüler werden, dann, sobald er seine natürliche Befähigung anerkannt hat, bildet er ihn wie ein Fechtmeister aus,[4] ruft ihn auf die Ringplätze, stellt sich ihm entgegen und zwingt ihn zum Kampfe, bis er in ihm eine unwiderstehliche Kraft ausgebildet hat, wobei er ihm durch göttlichen Anhauch die Ohren in Augen verwandelte[5] und ihn, den


  1. Die §§ 122–125 sind im Stile einer kynischen Diatribe gehalten; freilich ist ja Philon nicht immer mit den Kynikern eines Sinnes, vgl. Heinemann, Philons griech. u. jüd. Bildung, S. 433 und S. 437. Aber gerade zu Jakob, dem Vertreter der Askesis (§ 126), paßt der Wortsinn gut; daher läßt Philo hier, wie All. Erkl. II § 14, im allegorischen Kommentar auch die wörtliche Bedeutung gelten.
  2. Über die Logoi als Seelen im Luftraum vgl. Über die Riesen § 7ff.
  3. Wörtlich: „auf“, wie das folgende ἐπαναθήσων zeigt.
  4. Hier wird mit Mangey συγκροτεῖ zu lesen sein, da weder χειροδοτεῖ noch das von Wyttenbach vorgeschlagene χειροδετεῖ einen der Sache, um die es sich handelt, entsprechenden Sinn gibt.
  5. Über dieses Motiv der antiken Mystik vgl. H. Leisegang, Der heilige Geist 215ff.
Empfohlene Zitierweise:
Philon: Über die Träume (De somnis) übersetzt von Maximilian Adler. H. & M. Marcus, Breslau 1938, Seite 199. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhiloSomnGermanAdler.djvu/37&oldid=- (Version vom 7.10.2018)