Philon: Über die Träume (De somnis) übersetzt von Maximilian Adler | |
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von deren Abbildern, den unsterblichen Logoi, die man gewöhnlich Engel nennt. 116 Deshalb heißt es jetzt auch: „Er begegnete einem Orte; denn die Sonne ging unter“ (1 Mos. 28, 11). Denn wenn die Strahlen Gottes die Seele verlassen haben, durch welche die Wahrnehmungen der Dinge am deutlichsten werden, geht der zweite und schwächere Schein der Logoi (der Begriffe), nicht mehr der Dinge, auf, wie auch in dieser unserer Welt: denn der Mond, der nach der Sonne den zweiten Rang einnimmt, sendet, wenn jene untergeht, ein matteres Licht über die Erde. 117 Und die Begegnung mit dem Orte oder Logos ist für diejenigen, die Gott, der mehr ist als Ort und Logos, nicht zu schauen vermögen, ein durchaus hinreichendes Geschenk, da sie ja keine ganz unerleuchtete Seele bekamen, sondern, als jenes unvermischte Licht vor ihnen unterging, das gemischte erhielten. „Denn den Kindern Israel war Licht an allen Orten, an die sie kamen“, heißt es im Buche Exodus (10, 23), so daß Nacht und Finsternis für immer verbannt waren, worin die leben, die mehr auf den Augen der Seele geblendet sind als auf denen des Körpers und die Strahlen der Tugend nicht kennen. 118 Einige aber vermuteten, Sonne heiße hier symbolisch[1] Sinnlichkeit und Geist, die in uns selbst gewöhnlich angenommenen Gründe der Erkenntnis, Ort aber der göttliche Logos, und faßten die Stelle so auf: Es begegnete der Tugendeifrige dem göttlichen Logos, als das sterbliche und menschliche Licht unterging. 119 Solange nämlich der Geist das Geistige und die Sinnlichkeit das Sinnliche fest zu erfassen und in der Höhe zu kreisen glaubt, steht der göttliche Logos weit weg; sobald aber beide ihre Ohnmacht eingestanden haben und, gleichsam untergehend, verschwunden sind, kommt alsbald grüßend entgegen der rechte Logos,[2] der Beistand einer tugendeifrigen Seele, die sich selbst [639 M.] aufgibt, aber den von außen unsichtbar nahenden erwartet.
[20] 120 Es heißt nun aber weiter: „Er nahm einen von den Steinen des Ortes und legte ihn sich zu Häupten, und er schlief an jenem Orte“ (1 Mos. 28, 11). Man könnte hier nicht nur die in allegorischem Sinne gemeinte Handlung und seine (des Moses) Naturlehre[3] bewundern, sondern auch den Wortsinn, der zur Übung in Anstrengung und Enthaltsamkeit anleitet. 121 Er hält es nämlich des der Tugend
Philon: Über die Träume (De somnis) übersetzt von Maximilian Adler. H. & M. Marcus, Breslau 1938, Seite 197. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhiloSomnGermanAdler.djvu/35&oldid=- (Version vom 7.10.2018)