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Philon: Über die Träume (De somnis) übersetzt von Maximilian Adler

bellenden und keifenden Zunge, noch dem Menschen in uns,[1] dem leitenden Geist, noch der viehischen Herde, der Sinnlichkeit, sich zu brüsten, wenn, wo uns das, was in unsern Kräften steht, genommen wurde, die ganze Hilfe im Kampfe ohne Geheiß von außen her kam. um uns zu beschützen. [41] 268 Es ergeben sich aber viele Gelegenheiten, bei denen es sich nicht gehört zu schweigen, sondern die das Reden in Gesprächsform fordern. Für sie kann man auch wieder Vorschriften aufgestellt sehen. Inwiefern? Ist da irgendein unerwarteter Mitbesitz an etwas Gutem eingetreten? Schön ist es da gewiß, seinen Dank auszusprechen und den, der es schickte, zu preisen. 269 Was ist nun das Gute? Ist die uns angreifende Leidenschaft gestorben und kopfüber unbegraben hinabgestürzt worden? So wollen wir gewiß nicht zögern, sondern einen Chor aufstellen und den ehrwürdigsten Gesang anstimmen und alle auffordern zu sprechen: „Singen wir dem Herrn, denn ruhmvoll hat er sich verherrlicht; Roß und Reiter warf er ins Meer“ (2 Mos. 15, 1).[2] 270 Aber der Untergang und das Entweichen der Leidenschaft ist freilich ein Gut, aber kein vollkommenes Gut. Das Finden der Weisheit aber ist ein überschwengliches Gut. Ist sie gefunden, so wird das ganze Volk nicht mit einem einzigen Teile der Musik, sondern mit allen ihren Harmonien und Melodien singen. 271 „Da“, heißt es nämlich, „sang Israel dieses Lied bei dem Brunnen“ (4 Mos. 21, 17), das heißt: bei der früher verborgenen, aber wieder gesuchten und schließlich aufgefundenen, von Natur tiefen Erkenntnis, deren Bestimmung es ist, die Saatfelder der Vernunft der des Schauens Beflissenen in ihren Seelen zu bewässern. Und ferner. 272 Wenn wir die echte Frucht des Geistes eingesammelt haben, befiehlt uns nicht die heilige Schrift, in der Vernunft wie in einem Korbe (5 Mos. 26, 2 und 4) die Erstlinge des Ertrags der Güter, die die Seele als Blüten, Zweige und Früchte getragen hat, geradezu zur Schau zu stellen und, den Lobpreis auf den alles zur Vollendung bringenden Gott anstimmend, folgendes zu sagen: „Ich habe ausgeräumt das Heilige aus meinem Hause“ (ebd. 13), und ich habe es aufbewahrt [695 M.] in dem Hause Gottes, und ich habe zu Verwaltern und Wächtern gesetzt die auf Grund ihres Adels zum heiligen Tempeldienst Erwählten? 273 Das aber sind


  1. Über das stoische Motiv des Geistes als des wahren Menschen in uns vgl. das von H. Leisegang gesammelte Material in: Der heilige Geist 1919, S. 107ff.
  2. Vgl. Über die Landwirtschaft § 82; All. Erkl. II § 102f.
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Philon: Über die Träume (De somnis) übersetzt von Maximilian Adler. H. & M. Marcus, Breslau 1938, Seite 272. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhiloSomnGermanAdler.djvu/110&oldid=- (Version vom 6.1.2019)