Seite:PhiloSomnGermanAdler.djvu/11

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Philon: Über die Träume (De somnis) übersetzt von Maximilian Adler

gemeint ist. §§ 238–239. Es gibt aber zwei Arten der Rede, nämlich Gottes Logos, §§ 240–258, und die seelenlose Rede, deren Symbol der ägyptische Fluß ist. §§ 259–260.

4. Unter dem Ufer sind die Lippen zu verstehen, die sowohl zum Schweigen wie zum artikulierten Sprechen dienen. Beides soll zur passenden Zeit geübt werden, §§ 261–272, was aber den Toren nicht gelingt, die das Reden zur Verteidigung eines nur der Lust dienenden Lebens brauchen, §§ 273–283, und aus ihren Lehren den babylonischen Turm der Verwirrung aufführen, der von Gott vernichtet wird, §§ 284–290, ebenso wie jeder Versuch, sich eine Herrschaft anzumaßen. §§ 291–299.
5. Es soll auch die Frage erörtert werden, warum vom Fluß Ägyptens allein gesagt wird, daß er Ufer habe, von den anderen Flüssen der Bibel aber nicht. Mit den Flüssen sind die verschiedenen Lebensläufe des Weisen und der Toren gemeint. Hier bricht die Abhandlung ab. Der Rest ist verloren.

[620 M.] [1] 1 Die vorausgehende Schrift enthielt von den gottgesandten Träumen die unter die erste Art fallenden, von der wir sagten, sie sei dadurch gekennzeichnet, daß Gott auf Grund eigener Initiative die Traumbilder sende. In dieser wollen wir, so weit wie möglich, die zur zweiten gehörenden darstellen. 2 Die zweite Art aber ist die, bei der unser Geist in dieselbe Bewegung wie der des Weltalls gerät[1] und aus sich selbst heraus ergriffen und von Gott hingerissen zu werden scheint, so daß er dazu fähig wird, etwas von der Zukunft vorauszuvernehmen und vorauszuerkennen.[2] Das erste zu der


  1. Plato lehrte Tim. 42 C, daß das, was im Menschen ewig ist, sich in ihm in einem geschlossenen Kreis bewege, und daß der Mensch diesem Umschwung des ewig Gleichen in sich selbst folgen solle, wenn er zur Form seiner ersten und edelsten Beschaffenheit zurückkehren wolle. Tim. 47 Β heißt es dann: „Gott erfand für uns und schenkte uns das Augenlicht, damit wir aus der Betrachtung der Kreisbewegungen des Geistes am Himmel Nutzen zögen für die Gestaltung der Umläufe in unserem eigenen Gedankenreiche; denn diese Umläufe sind mit jenen verwandt, nur daß sie in ihrer Ordnung gestört, jene dagegen jeder Störung enthoben sind. Sie sollten wir verstehen lernen und uns die Gedanken an ihre natürliche Richtigkeit zu eigen machen, um durch Nachahmung der göttlichen, unfehlbar richtigen Umläufe den in unserem eigenen Innern sich vollziehenden schwankenden Umläufen einen festen Halt zu geben.“
  2. Zu dieser Einteilung und Charakterisierung der Träume vgl. Cicero, De divin. 1, 63f. u. 115, zur Zurückführung dieses Motivs auf Posidonius WS: Die auf der nächsten Seite fortgesetzte Anmerkung wurde hier vervollständigt vgl. Hirzel, Untersuchungen zu Ciceros philos. Schriften II 1, 1882, 533; Schmekel, Die Philosophie der mittleren Stoa, 1892, 246; Leisegang, Der Heilige Geist, 1919, 177ff.; Reinhardt, Kosmos und Sympathie, 1926, 259ff.; I. Heinemann, Poseidonios’ metaphysische Schriften II 355ff.
Empfohlene Zitierweise:
Philon: Über die Träume (De somnis) übersetzt von Maximilian Adler. H. & M. Marcus, Breslau 1938, Seite 173. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhiloSomnGermanAdler.djvu/11&oldid=- (Version vom 3.6.2018)