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Philon: Über die Träume (De somnis) übersetzt von Maximilian Adler

Moses weder als Gott noch als Menschen, sondern, wie gesagt, als ein Zwischenwesen zwischen ungewordener und vergänglicher Natur; den Fortschreitenden aber ordnet er wiederum ein in das Zwischengebiet zwischen Lebenden und Toten, wobei er lebend diejenigen nennt, die im Bunde mit der Einsicht leben, tot aber die, die sich der Unvernunft erfreuen. 235 Es wird nämlich über Aaron gesagt, daß er „in der Mitte stand zwischen den Toten und den Lebendigen, und es ließ das Zerbrechen nach“ (4 Mos. 17, 13).[1] Der Fortschreitende wird nämlich weder unter denen, die dem Leben der Tugend gestorben sind, gefunden, weil er voll Sehnsucht und Eifer nach dem Guten ist, noch unter denen, [690 M.] die in der höchsten und vollkommenen Glückseligkeit leben – denn noch fehlt ihm etwas bis zum Ziele –, sondern er steht in Verbindung mit beiden. 236 Deshalb wird auch ganz richtig hinzugefügt: „Das Zerbrechen ließ nach“, aber es hörte nicht auf.[2] Es hört nämlich bei den Vollendeten das auf, was die Seele zerbricht, zerschlägt und zertrümmert, bei den Fortschreitenden aber wird es verringert, gleichsam nur gehemmt und gemindert.

[36] 237 Da nun das Feststehen und die Standhaftigkeit und das in Ewigkeit im selben Zustande unveränderlich und unwandelbar Verharren zuerst bei dem Seienden vorhanden ist, dann bei dem Logos des Seienden, den er Wesensart nannte, drittens aber bei dem Weisen und viertens bei dem Fortschreitenden, wie kam da der schlechte und allem Unheil verfallene Geist dazu zu glauben, daß er allein stehen könnte, wo er doch umhergetrieben wird wie in einer Sintflut und fortgerissen wird durch die aufeinanderfolgenden Wirbel der durch den Körper, den wir wie eine Leiche mit uns herumschleppen,[3] strömenden Fluten? 238 „Ich glaubte“, heißt es nämlich, „zu stehen am Ufer des Flusses“ (1 Mos. 41, 17). Von dem Flusse aber sagen wir symbolisch, daß er eine Rede sei, da beide sich nach außen bewegen und dahinfließend eine reißende Geschwindigkeit haben und bald leicht dahinströmen in Fluten – der eine des Wassers, die andere der Zeitwörter und Hauptwörter –,


  1. Vgl. hierzu Der Erbe des Göttlichen § 201 und die Anmerkungen dazu.
  2. Nach dem M.T. ist zu übersetzen „es wurde Einhalt getan“.
  3. Die Worte: διὰ τοῦ νεκροφορουμένου σώματος werden hier so wiedergegeben im Hinblick auf die Stelle Über Abrahams Wanderung § 21, vgl. All. Erkl. III § 69 und 74, Über die Landwirtschaft § 25.
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Philon: Über die Träume (De somnis) übersetzt von Maximilian Adler. H. & M. Marcus, Breslau 1938, Seite 266. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhiloSomnGermanAdler.djvu/104&oldid=- (Version vom 7.1.2019)