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Philon: Über die Nüchternheit (De sobrietate) übersetzt von Maximilian Adler

aus den Münzen der Tugend entfernt, sind verfälscht, Jugendliche, die die Neuerungssucht in ihren Seelen tragen, insgesamt; diejenigen aber, welche er zu seinen Vertrauten zu machen sich entschließt, die sind unbedingt vollwertig und in ihrer Gesinnung ehrwürdig. [5] 21 Durch eine einzige Anordnung des Gesetzes aber wird (die heilige Schrift) allen, welche zu hören verstehen, beide Deutungen, von denen ich sprach,[1] klarer offenbaren; denn es heißt: „So ein Mann zwei Frauen hat, die eine geliebt und die andere verhaßt,[2] und sie gebären ihm Kinder, die geliebte und die gehaßte, und es wird der erstgeborene Sohn der der Gehaßten sein: so soll er an dem Tage, an welchem[3] er das vorhandene Vermögen unter seine Söhne zum Erbe zuteilt, dem Sohne der geliebten (Frau) das Recht der Erstgeburt nicht erteilen können, indem er den Sohn der gehaßten, den Erstgeborenen, übersieht; sondern er soll den erstgeborenen Sohn der gehaßten anerkennen und ihm den doppelten (Anteil) von allem, was bei ihm gefunden wird, geben, weil dieser der Erstling seiner Kinder ist und ihm das Recht der Erstgeburt gebührt“ (5 Mos. 21, 15–17). [396 M.] 22 Du hast sicherlich schon beachtet, daß die heilige Schrift den Sohn der geliebten Frau niemals den erstgeborenen oder älteren nennt, dagegen den der gehaßten öfter; und doch bezeichnet sie klärlich die Geburt des einen als des früheren, die Geburt des anderen, des Sohnes der Gehaßten, als des späteren, indem sie zu Beginn der Vorschrift sagt: „wenn sie ihm Kinder gebären, die Geliebte und die Gehaßte“. Aber trotzdem gilt der Sproß der erstgenannten (Frau), mag er auch älter an Jahren sein, vor dem Urteil der rechten Vernunft als der jüngere, während der Sproß der später genannten (Frau), wenn er auch nach der Zeit seiner Geburt später ist, des größeren und ehrwürdigeren Anteils gewürdigt ist. 23 Warum? Weil, wie wir meinen, von den Frauen die geliebte das Symbol der Lust, die gehaßte das vernünftiger


  1. Vgl. § 16. Philo hat bisher Bibelstellen angeführt, in denen ein der Geburt nach Älterer νέος genannt wird und andere Stellen, an denen ein an Jahren Jüngerer πρεσβύτερος heißt. Nun will er an einer einzigen Stelle beides nachweisen.
  2. Philo hat Alleg. Erkl. II § 48 in Übereinstimmung mit der Überlieferung der LXX geschrieben: μία αὐτῶν ἡ ἠγαπημένη καὶ μία αὐτῶν μισουμένη, hier aber unterdrückt er die Anaphora, die er auch Ü. d. Opfer Abels § 19 beibehält.
  3. In breiterer Wendung als in der LXX findet sich Ü. d. Opfer Abels § 19: καὶ ἔσται ἐν τῇ ἡμέρᾳ, ᾗ ἂν κληροδοτῇ, während hier kürzer als in der LXX gesagt wird: ᾗ ἂν ἡμέρᾳ κληροδοτῇ.
Empfohlene Zitierweise:
Philon: Über die Nüchternheit (De sobrietate) übersetzt von Maximilian Adler. H. & M. Marcus, Breslau 1929, Seite 85. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhiloSobrGermanAdler.djvu/10&oldid=- (Version vom 10.7.2016)