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Philon: Ueber die Weltschöpfung (De opificio mundi) übersetzt von Joseph Cohn

Springen durchgeht; es wölbt den Rücken schön zu bequemem Sitze und nimmt den Reiter auf, trägt ihn und sprengt in gestrecktem Galopp dahin, um an den Ort (des Zieles) zu kommen und den Reiter hinzubringen, wohin dieser gelangen will; der Reiter aber vollendet ohne Ermüdung in aller Ruhe auf eines anderen Körper und Füssen seinen Weg.

[29.] 87 Noch viel mehr könnte einer anführen, wenn er ausführlich sein wollte in dem Nachweis, dass nichts frei und der Oberherrschaft des Menschen entzogen ist; allein als Probe genügt das Gesagte. Man muss aber auch wohl beachten, dass der Mensch dadurch, dass er zuletzt geschaffen ist, in seinem Range keineswegs zurückgesetzt wurde. 88 Das beweisen die Wagenlenker und Steuerleute; denn jene befinden sich hinter den Zugtieren, treiben sie aber doch, die Zügel in der Hand, wohin sie wollen, bald zu raschem Lauf sie anfeuernd, bald sie zügelnd, wenn sie mit grösserem Ungestüm als nötig ist dahinrennen; die Steuerleute wiederum sind, wiewohl sie am letzten Platz im Schiffe, auf dem Hinterdeck, stehen, so zu sagen die besten unter allen, die mitfahren, da sie das Heil des Schiffes und aller, die darauf sind, in ihrer Hand haben. Als einen Wagenlenker und Steuermann schuf also der Schöpfer zuletzt den Menschen, damit er gleichsam als Statthalter des ersten und höchsten Königs die Zügel und das Steuer der Regierung führe über alle irdischen Dinge und die Sorge für die Tier- und Pflanzenwelt übernehme.

[30.] 89 Nachdem aber die ganze Welt entsprechend der Natur der vollkommenen Sechszahl (in sechs Tagen) vollendet war, zeichnete der Allvater den folgenden siebenten Tag besonders aus, indem er ihn „segnete und heiligte“ (1 Mos. 2,3); denn er ist der Festtag nicht einer Stadt oder eines Landes, sondern der ganzen Welt, und eigentlich darf man ihn den einzigen allgemeinen Festtag und das Geburtsfest der Welt nennen. 90 Ich weiss nicht, ob einer die Natur der Siebenzahl hinlänglich zu preisen vermag, da sie über jeden Ausdruck erhaben ist. Allein darum, weil sie bewunderungswürdiger ist als die Sprache zu schildern vermag, dürfen wir uns nicht schweigend verhalten, sondern müssen versuchen, wenn es uns auch nicht möglich ist, alles oder das Hauptsächlichste anzuführen,

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Philon: Ueber die Weltschöpfung (De opificio mundi) übersetzt von Joseph Cohn. H. & M. Marcus, Breslau 1909, Seite 59. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhiloOpifGermanCohn.djvu/37&oldid=- (Version vom 9.9.2019)