Philon: Ueber die Weltschöpfung (De opificio mundi) übersetzt von Joseph Cohn | |
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das Klima und die günstige Lage des Ortes und skizziert zuerst bei sich nahezu sämtliche Teile der zu erbauenden Stadt, Tempel, Gymnasien, Amtsgebäude, Märkte, Häfen, Schiffswerfte, Strassen, die Anlage der Mauern, die Errichtung von Häusern und öffentlichen Gebäuden; 18 sodann nimmt er wie in einem Wachssiegel in seiner Seele die Formen aller Gegenstände auf und malt sich eine gedachte Stadt aus; und nachdem er deren Bilder durch das ihm angeborene Erinnerungsvermögen aufgefrischt und ihre Merkmale sich noch tiefer eingeprägt, beginnt er als tüchtiger Meister, das Auge auf das Musterbild gerichtet, mit dem Bau der aus Holz und Stein bestehenden (wirklichen Stadt), indem er die körperlichen Gegenstände den einzelnen unkörperlichen Ideen vollkommen ähnlich bildet[1]. 19 Aehnlich haben wir uns die Sache auch bei Gott zu denken, dass er also in der Absicht, die „Grossstadt“[2] zu bauen, zuerst im Geiste ihre Formen schuf, aus denen er eine gedachte Welt zusammensetzte und dann mit Benutzung jenes Musterbildes die sinnlich wahrnehmbare herstellte. [5.] 20 Gleichwie nun die in dem Baumeister zuvor entworfene Stadt nicht ausserhalb eine Stätte hatte, sondern nur der Seele des Künstlers eingeprägt war, ebenso hat auch die aus den Ideen bestehende Welt keinen andern Ort als die göttliche Vernunft, die dieses alles geordnet hat. Denn welchen andern Wohnsitz für die göttlichen Kräfte könnte es wohl geben, der geeignet wäre, ich sage nicht alle, sondern auch nur eine einzige, welche es auch sein mag, unverändert aufzunehmen und zu fassen? 21 Eine göttliche Kraft aber ist auch die weltschöpferische, die als [5 M.] Quelle das wahrhaft Gute hat. Denn wenn einer die Ursache
Philon: Ueber die Weltschöpfung (De opificio mundi) übersetzt von Joseph Cohn. H. & M. Marcus, Breslau 1909, Seite 33. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhiloOpifGermanCohn.djvu/11&oldid=- (Version vom 9.9.2019)
- ↑ Den Vergleich vom König und Baumeister hat auch der Midrasch. Beresch. R. c. 1 Anfang: „Die Thora sagt: ich war das Werkzeug Gottes. Wenn ein König von Fleisch und Blut einen Palast baut, so baut er ihn nicht nach eigener Einsicht, sondern nach der Einsicht eines Baumeisters, der auch nicht nach seinem Gutdünken baut; er hat vielmehr Papiere und Tafeln, aus denen er die Einteilung der Zimmer und Bäume erkennt. Ebenso blickte Gott auf die Thora und schuf die Welt.“
- ↑ „Grossstadt“ nennt Philo häufig die Welt, indem er sie nach dem Beispiel der Stoiker mit einer Stadt vergleicht.