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Philon: Ueber das Leben Mosis (De vita Mosis) übersetzt von Benno Badt

sind tief, die Frauenstimmen hoch, und aus ihrer Vereinigung, wenn sie in rechter Mischung einander angepasst werden, ergibt sich ein wohltönendes, harmonisches Lied. 257 Was aber soviele Myriaden zu dem einmütigen Entschluss brachte, ein und dasselbe Lied in demselben Augenblick gemeinsam zu singen, das waren jene grossartigen Wunder, von denen ich eben gesprochen. In seiner Freude darüber konnte der Prophet, als er auch die grosse Freude des Volkes sah, die Lust nicht mehr zurückhalten und stimmte das Lied an, jene aber traten, als sie ihn hörten, zu zwei Chören zusammen und sangen seine Worte mit.

258 (35.) Dies ist Anfang und Einleitung der in Verzückung [p. 175 M.] sich äussernden Prophetentätigkeit des Moses. Die nächste Prophezeiung dieser Art bezieht sich auf den wichtigsten und unentbehrlichsten Gegenstand, die Nahrung, die nicht die Erde hervorbrachte – denn diese war unfruchtbar und nichts zu erzeugen imstande –, sondern der Himmel im Regen herniedersandte, und zwar nicht einmal, sondern vierzig Jahre hindurch täglich vor Tagesanbruch, eine Frucht aus dem Aether im Tau, Hirsekörnern gleich. 259 Als Moses sie sah, heisst er sie sammeln und spricht in Verzückung (2 Mos. 16,15ff.): „Ihr müsst auf Gott vertrauen, dessen Wohltaten ihr in Vorgängen, die jede Erwartung überboten, erfahren habt. Nicht zum Aufspeichern, nicht zum Ansammeln soll die Speise sein; niemand lasse auch nur den geringsten Teil davon bis morgen übrig“. 260 Trotz dieser Worte lassen einige, die in der Frömmigkeit noch unbeständig waren, vielleicht in der Annahme, das Gesagte sei keine Prophezeiung, sondern nur ein Rat des Führers, auf den andern Tag übrig; aber faulend erfüllt dies zuerst die Umgebung des Lagers mit üblem Geruch und ging dann in Würmer über, deren Entstehen eine Folge der Verwesung ist. 261 Als Moses dies sah, zürnte er natürlich ob ihres Ungehorsams. Wie sollte er auch nicht, da sie nach so vielen grossen Ereignissen, die dem auf das Wahrscheinliche und Natürliche gerichteten Denken unmöglich schienen, aber doch kraft der göttlichen Vorsehung mit Leichtigkeit ins Werk gesetzt wurden, nicht nur zweifelten, sondern auch ungläubig waren, die Unverbesserlichen!

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Philon: Ueber das Leben Mosis (De vita Mosis) übersetzt von Benno Badt. H. & M. Marcus, Breslau 1909, Seite 358. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhiloMos2GermanBadt.djvu/061&oldid=- (Version vom 1.8.2018)