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Philon: Ueber das Leben Mosis (De vita Mosis) übersetzt von Benno Badt

übrig, der neben der Verweigerung der Ehrfurcht noch die Frechheit besitzt, Gott zu lästern? Und doch ist selbst das Lästern noch unbedeutend im Vergleich mit dem Fluchen. Wenn aber unablässige Geschwätzigkeit und Zügellosigkeit des Mundes sich in den Dienst gesetzesfeindlichen Unverstandes stellen, dann wird ein ganz unerhörter Frevel verübt. 199 O Mensch, fluchen kann jemand Gott? welchen andern Gott kann er zur Bekräftigung seines Fluches anrufen? oder ruft er ihn selbst gegen ihn an? Fort mit so unheiligen, frevelhaften Einfällen! Die arme Seele müsste nach dem Gebote der Schicklichkeit von ihrer Befleckung durch solche Sprache, bei der der stumpfe Sinn des Gehörs ihr seinen Dienst leistete, sich rein waschen. 200 Und die Zunge dessen, der ein so frevelhaftes Wort gesprochen, wurde nicht gelähmt, und die Ohren dessen, der ihn hören musste, wurden nicht verstopft? Es müsste dies denn Absicht der vergeltenden Gerechtigkeit gewesen sein, die weder einen sehr hohen Grad des Guten noch sehr grosse Schlechtigkeit im Dunkel lassen zu dürfen glaubt, als augenfälligsten Beweis von Tugend oder Lasterhaftigkeit, um für jene die gebührende Anerkennung, für diese die verdiente Strafe zu bestimmen. 201 Aus diesem Grunde heisst er den Uebeltäter in Gewahrsam bringen und in Fesseln legen, wendet sich aber an die Gottheit mit der Bitte um Verzeihung wegen des Zwanges der Sinne, durch den wir auch sehen, was nicht recht ist zu sehen, und hören, was nicht recht ist zu hören, und fleht sie an ihm kundzutun, was dem Urheber so ausserordentlicher, ungewöhnlicher Gottlosigkeit und Freveltat geschehen solle. 202 Und Gott befiehlt ihn zu steinigen, wohl weil er die Bestrafung durch Steine als gebührende Strafe erachtete für den Mann mit der steinharten, unempfindlichen Seele, zugleich aber auch weil er wollte, dass alle Angehörigen des Volkes, die, wie er wusste, sehr ergrimmt und wütend waren, bei der Bestrafung mitwirken. Die gemeinsame Beteiligung so vieler Myriaden konnte aber nur durch Steinwürfe erfolgen. 203 Nach der Bestrafung des Gottlosen und Schuldbefleckten wurde eine neue Verordnung erlassen, die man wohl sonst nie einer besonderen Aufzeichnung für wert

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Philon: Ueber das Leben Mosis (De vita Mosis) übersetzt von Benno Badt. H. & M. Marcus, Breslau 1909, Seite 344. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhiloMos2GermanBadt.djvu/047&oldid=- (Version vom 1.8.2018)