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Philon: Ueber das Leben Mosis (De vita Mosis) übersetzt von Benno Badt

zwölf Stäbe in gleicher Zahl mit der der Stämme zu nehmen, auf elf von ihnen die Namen der anderen Stammeshäupter zu schreiben und auf den noch übrigen den seines Bruders, des Hohenpriesters, und dann sie in das Heiligtum bis ins Allerheiligste zu tragen. Er tut, wie ihm befohlen, und wartet gespannt auf den Ausgang der Sache. 179 Am folgenden Tage geht er, durch einen Gottesspruch veranlasst, in Anwesenheit des ganzen Volkes hinein und holt die Stäbe heraus. Mit den anderen war keinerlei Veränderung vorgegangen, dagegen hatte an dem einen, auf den der Name seines Bruders geschrieben war, sich ein Wunder begeben: wie ein edles Pflanzenreis hatte er überall frische Schösslinge getrieben und war mit einer reichen Fülle von Früchten beladen. 180 (22.) Die Früchte waren Mandeln[1], deren Natur der anderer Früchte ganz entgegengesetzt ist. Während nämlich bei den meisten anderen, bei der Weintraube, bei der Olive, bei den Aepfeln, der Samenkern und der essbare Teil der Frucht voneinander verschieden und auch räumlich getrennt sind – draussen der essbare Teil, der Samenkern dagegen drinnen (von einer Hülle) umschlossen –, ist der Samenkern und der essbare Teil der Mandel ein und dasselbe: beide bilden eines in der Erscheinung und ihr Platz ist derselbe im Innern der Frucht, durch eine doppelte Umfriedigung geschützt und ringsum wohlverwahrt, nämlich durch eine recht dicke Schale und ein fast holziges Gebilde. Damit wird auf die vollendete Tugend hingedeutet. 181 Wie nämlich in der Mandel Anfang und Ende ein und dasselbe ist, und zwar Anfang, insofern sie Samenkern, Ende, insofern sie Frucht ist, so verhält es sich auch mit den Tugenden: jede ist Ausgangspunkt und Ziel zugleich, Ausgangspunkt, weil sie nicht aus einer fremden Kraft, sondern nur aus sich selbst erwächst, und Ziel, weil das naturgemässe Leben zu


  1. Die Septuaginta übersetzt zwar 4 Mos. 17,23 שקדים (Mandeln) durch κάρυα (Nüsse), das Wort κάρυον wurde indessen auch für „Mandel“ gebraucht, denn im Lateinischen wird mit nux graeca die Mandel bezeichnet (Hehn, Kulturpflanzen⁴ S. 321). Dass Philo hier unter κάρυα Mandeln verstand, ergibt sich daraus, dass er weiterhin (§ 186) von ἀμυγδαλῆ (Mandelbaum) spricht.
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Philon: Ueber das Leben Mosis (De vita Mosis) übersetzt von Benno Badt. H. & M. Marcus, Breslau 1909, Seite 339. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhiloMos2GermanBadt.djvu/042&oldid=- (Version vom 1.8.2018)