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Philon: Ueber das Leben Mosis (De vita Mosis) übersetzt von Benno Badt

abschlagen, und betörten Sinnes wird der Unglückliche dem Befehl sich fügen, zum Sklaven der Leidenschaft erniedrigt“.

300 (55.) Solchen Rat gab er[1]. Der andere fand, dass das Gesagte wohl zum Ziele führen dürfte; er hob daher das Gesetz gegen Ehebruch auf, schaffte auch die Gesetze über Schändung und Buhlerei ab, als ob sie überhaupt nie gegeben worden wären, und gestattete den Weibern schrankenlos Verkehr zu pflegen mit wem sie wollten. 301 Da ihnen nun Straflosigkeit gewährt war, lockten sie bald die zahlreichen Jünglinge an sich, deren Sinn sie vorher betörten und durch ihre Zauberkünste zur Gottlosigkeit verleiteten, bis Phineas, der Sohn des Hohenpriesters, voller Grimm über die Vorgänge, – es schien ihm ein arger Frevel, dass sie gleichzeitig beides, die Leiber und die Seelen, jene dem Sinnengenuss und diese der Gesetzesübertretung und gottlosen Handlungen preisgegeben hatten – eine jugendlich kühne Tat vollbrachte, wie sie einem edlen Manne ziemte. 302 Als er nämlich sah, wie einer aus seinem Volke opferte und zu einer Dirne hineinging, weder den Blick zu Boden gesenkt noch bemüht, sich vor der Menge zu verbergen, noch, wie es wohl sonst zu geschehen pflegt, sich zu dem Eingange schleichend, sondern mit schamloser Frechheit seine Zuchtlosigkeit zur Schau tragend und wie mit einer herrlichen Tat sich brüstend mit


  1. Die Verführung der Israeliten durch Sinnenlust zum Götzendienst als Rat Bileams, den er Balak erteilt, entspricht zwar nicht buchstäblich dem Wortlaut des biblischen Textes an dieser Stelle, wird aber aus 4 Mos. 24,14 איעצך‎ und 4 Mos. 31,16 erschlossen. Philo stimmt darin mit dem palästinischen Midrasch überein, ebenso Josephus. Im babyl. Talmud (Sanh. f. 106 a) wird im Anschluss an 4 Mos. 24,14 das Werk der verführenden Frauen in der knappen talmudischen Art mit noch grösserer Anschaulichkeit und Ausführlichkeit als hier geschildert. Noch lebendiger im Midrasch Jalkut zu Psalm 106. Auch die Tötung der 24 000 Mann, die nach der biblischen Erzählung Opfer einer Seuche werden, kehrt ähnlich in der Tradition wieder. In der Schrift De virtutibus, in der Philo selbst ausführlicher als hier von diesem Ereignis handelt, das er gegen 4 Mos. 25,1 nur auf einen Plan der Midianiten zurückführt (§ 34 ff. Cohn), sterben die 24 000 Mann durch Strafe Gottes, also anscheinend wie im biblischen Text durch eine Seuche. Josephus Altert. IV § 154. 155 verbindet beide Traditionen.
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Philon: Ueber das Leben Mosis (De vita Mosis) übersetzt von Benno Badt. H. & M. Marcus, Breslau 1909, Seite 289. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhiloMos1GermanBadt.djvu/075&oldid=- (Version vom 1.8.2018)