Philon: Ueber das Leben Mosis (De vita Mosis) übersetzt von Benno Badt | |
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meinen Freund hielt, der du es heimlich mit meinen Feinden hältst, wie es jetzt offenbar geworden ist. Auch dein Zaudern hierherzukommen ist wohl eine Folge der heimlichen Hinneigung deiner Seele zu ihnen und der Abneigung gegen mich und die meinen. Ein Beweis für das Unbekannte ist ja das Sichtbare, wie das alte Wort lautet“. 281 Und jener, von seiner Verzückung befreit, erwiderte: „Sehr ungerecht ist die Beschuldigung, die ich durch deine falsche Anklage erleiden muss; denn ich spreche nicht eigene Gedanken aus, sondern nur was die Gottheit mir eingibt. Es ist nicht das erste Mal, dass ich dies sage und du es hörst, sondern schon vorher, als du die Gesandtschaft schicktest, habe ich ihr dieselbe Antwort gegeben“. 282 In dem Glauben nun, entweder den Seher zu täuschen oder die Gottheit zu beeinflussen und durch einen Wechsel des Ortes auch die Festigkeit ihrer Gesinnung zu ändern, führte ihn der König an einen andern Ort[1] und zeigte ihm von einer sehr langgestreckten Anhöhe aus einen Teil des feindlichen Heeres. Darauf errichtete er wiederum sieben Altäre, liess die gleiche Zahl von Opfertieren wie vorher schlachten und sandte den Seher (angeblich) zu günstigen Vorzeichen und Offenbarungen aus. 283 Der aber wird in der Einsamkeit plötzlich von göttlichem Geiste ergriffen, und ohne selbst etwas zu merken, wie wenn die Vernunft von ihm gewichen wäre, sprach er prophezeiend folgenden ihm eingegebenen Spruch: „Auf, höre, o König, mit aufmerksamem Ohre. Nicht wie ein Mensch ist Gott der Täuschung unterworfen und nicht ändert[2] er wie ein Menschenkind seinen Sinn oder verharrt nicht bei dem, was er einmal gesprochen. Er wird überhaupt nichts sprechen, was nicht sicher in Erfüllung gehen wird, denn das Wort ist bei ihm die Tat. Ich aber bin zu Segenssprüchen und nicht zu Flüchen berufen worden. 284 Es wird kein Mühsal noch Drangsal bei den Hebräern sein. Gott schützt sie sichtlich, der auch den Sturm der aegyptischen Uebel zerstreut und wie einen einzigen
Philon: Ueber das Leben Mosis (De vita Mosis) übersetzt von Benno Badt. H. & M. Marcus, Breslau 1909, Seite 285. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhiloMos1GermanBadt.djvu/071&oldid=- (Version vom 1.8.2018)