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Philon: Ueber das Leben Mosis (De vita Mosis) übersetzt von Benno Badt

da sie im ersten Anlauf siegen würden; denn keine Stadt werde gegen den Ansturm eines so grossen Heeres, das insgesamt angriffe, standhalten, sondern sie würden alle unter der Wucht des Angriffs fallen. Beide Parteien teilten die eigenen Empfindungen auch den Seelen der Hörer mit, die Unmännlichen Feigheit, die Unerschrockenen Kühnheit und freudige Hoffnung. 234 Die letzteren waren aber nur der fünfte Teil der Zahl der Verzagten, und diese wiederum fünfmal so zahlreich wie die Edelgesinnten. Aber die Kühnheit weniger[1] verschwindet unter dem Uebergewicht der Feigheit, was, wie erzählt wird, auch damals geschah. Denn über die zwei, die die günstigsten Berichte brachten, gewannen die zehn, die das Gegenteil behaupteten, ein solches Uebergewicht, dass sie auch die ganze Masse des Volkes verführten, sie von jenen abwendig machten und ganz für sich gewannen. 235 Ueber das Land aber meldeten sie alle dasselbe in einmütiger Schilderung der Schönheit seiner Ebenen und seiner Berge. „Was nützt uns aber fremdes Gut, wenn es noch dazu bis zur Uneinnehmbarkeit mit starker Hand bewacht ist?“ rief man sofort aus und stürmte gegen die beiden an und hätte sie beinahe gesteinigt; so sehr zog die Menge den Ohrenkitzel dem Nutzen und den Trug der Wahrheit vor. 236 Darüber war der Führer sehr erzürnt und fürchtete zugleich, es könnte ein gottgesandtes Unheil über sie niederfahren, da sie so leidenschaftlich ihren Unglauben gegen die Gottessprüche bekundeten. Und dies traf auch ein; denn von den Kundschaftern kommen die zehn Feiglinge durch eine seuchenartige Krankheit um samt denen aus dem Volke, die ihre Verzweiflung geteilt hatten, und nur die zwei, die geraten hatten nicht zu verzagen, sondern ferner die Einwanderung anzustreben, blieben am Leben, weil sie den Gottessprüchen gehorsam sich erwiesen hatten; sie erhielten die ehrenvolle Auszeichnung, dass sie nicht mit von dem Verderben ergriffen wurden.

237 (43.) Diese Begebenheit hatte die Folge, dass sie nicht schneller in das Land kamen, in das sie einwandern sollten. Obwohl sie nämlich schon im zweiten Jahre nach dem Auszuge


  1. Für ὀλίγον ist wohl ὀλίγων zu lesen.
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Philon: Ueber das Leben Mosis (De vita Mosis) übersetzt von Benno Badt. H. & M. Marcus, Breslau 1909, Seite 275. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhiloMos1GermanBadt.djvu/061&oldid=- (Version vom 1.8.2018)