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Philon: Ueber das Leben Mosis (De vita Mosis) übersetzt von Benno Badt

befanden und auf das äusserste Ungemach gefasst waren, das, wie sie meinten, ihnen auflauere und schon ganz nahe sei, erbarmte sich Gott ihrer und schuf Abhilfe für ihr Leid, teils von der ihm eigenen Milde und Menschenliebe geleitet, teils um den Führer, den er auserwählt hatte, zu ehren und seine in klaren wie in unsicheren Verhältnissen sich bewährende Frömmigkeit und Gottesfurcht noch deutlicher allen vor Augen zu führen. 199 Neue, ungekannte Wohltaten schuf er, damit sie durch recht deutliche Offenbarungen dazu erzogen würden, fernerhin nicht unwillig zu werden, wenn etwas nicht gleich nach Wunsch gehe, sondern geduldig auszuharren und für die Zukunft Gutes zu erwarten. 200 Was geschah also? Am folgenden Tage gegen Morgen lag dichter Tau in Menge rings um das ganze Lager; ihn hatte Gott leise niederfallen lassen, einen sonderbaren, ungekannten Regen, es war nicht Wasser, nicht Hagel, nicht Schnee, nicht Eis – Erscheinungen, die die Veränderungen der Wolken zur Zeit der Wintersonnenwende hervorrufen –, sondern sehr winzige weisse Körnlein, die wegen des anhaltenden Regens in Haufen vor den Zelten ausgeschüttet lagen, ein unglaublicher Anblick. Darüber erstaunt fragten sie den Führer, was dieser Regen sei, den noch kein Mensch je bisher [p. 113 M.] gesehen, und welchen Zweck er habe. 201 Er aber wird von göttlichem Geist ergriffen, gerät in Verzückung und verkündet folgenden Gottesspruch: „Sterblichen ist die tiefe Scholle des ebenen Feldes zugewiesen, die sie in Furchen spalten, auf der sie pflügen und säen und die anderen Feldarbeiten verrichten und alljährlich die Früchte gewinnen zu reichlicher Befriedigung ihrer notwendigen Bedürfnisse. Gott aber ist nicht ein einzelner Teil des Alls, sondern die gesamte Welt und ihre Teile untertan, dass sie ihm zu jedem Zwecke seines Willens wie Sklaven ihrem Herrn dienen. 202 Jetzt nun hat er beschlossen, dass die Luft Speise statt des Wassers hervorbringe, da auch die Erde oft Regen bringt; denn was ist der Strom in Aegypten, wenn er alljährlich durch sein Austreten anschwillt und die Fluren tränkt, anders als Regen, der von unten kommt“? 203 Ein Wunder war schon dies Ereignis, wenn es auch nur dabei geblieben wäre. Aber

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Philon: Ueber das Leben Mosis (De vita Mosis) übersetzt von Benno Badt. H. & M. Marcus, Breslau 1909, Seite 267. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhiloMos1GermanBadt.djvu/053&oldid=- (Version vom 1.8.2018)