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Philon: Ueber das Leben Mosis (De vita Mosis) übersetzt von Benno Badt

sonst zu ebben, so wurde es jetzt in noch höherem Grade am Gestade wie in eine Schlucht oder einen Strudel zurückgedrängt. [p. 109 M.] Kein Stern leuchtete, sondern dichtes, schwarzes Gewölk überzog den ganzen Himmel, finster war die Nacht zum Entsetzen der Verfolger. 177 Auf Gottes Geheiss schlägt Moses mit seinem Stabe das Meer, dies tritt gespalten auseinander, und von den zerschnittenen Teilen hebt sich der eine an dem Riss befindliche himmelan hoch empor und verharrt fest geballt wie eine Mauer in unbeweglicher Ruhe, der andere Teil aber, rückwärts getrieben und wie durch unsichtbare Zügel im Vorwärtsströmen gehemmt, bäumt sich auf, und die Mitte selbst, wo der Riss sich befindet, wird ausgetrocknet zu einem breiten Wege, zur Heerstrasse. Als Moses dies sah, staunte er und war hoch erfreut, und voller Freude ermutigte er die Seinen und forderte sie auf, so schnell sie könnten, aufzubrechen. 178 Wie sie nun im Begriffe waren hinüberzuziehen, da begab sich noch ein sehr grosses Wunder. Die den Weg zeigende Wolke, die sich bisher an der Spitze befand, wendet sich nach der Richtung des hinteren Teiles des Zuges, um den Nachtrab zu schützen, stellt sich als Grenzscheide zwischen Verfolger und Verfolgte und treibt diese, zu ihrer Rettung sicher sie lenkend, zum Vormarsch an, während sie die eilig Nachdrängenden hemmt und zurückstösst. Als die Aegypter dies sahen, erfüllten sie alles mit Lärm und Aufregung und brachten in ihrer Angst die eigenen Reihen in Verwirrung, indem sie übereinander fielen und nunmehr, wo es unnütz war, zu fliehen suchten. 179 Denn während die Hebräer am frühen Morgen mit Weibern und noch ganz jungen Kindern auf trockenem Pfade hinübergingen, überfluten die von beiden Seiten sich heranwälzenden und wieder vereinigten Meeresteile jene mitsamt ihren Wagen und Rossen; unter den Stürmen eines Nordwindes nämlich ergoss sich die zurückströmende Flut über sie und eilte in hohen Wogen heran, sodass auch nicht ein Feuerträger[1] übrig blieb, der von dem plötzlich hereingebrochenen


  1. Nach hellenischer Sitte war der Träger des von Hause mitgenommenen heiligen Feuers, der Heer oder Flotte begleitete, unverletzlich. Daher sagte man von einer völligen Niederlage sprichwörtlich: „es blieb auch nicht ein Feuerträger übrig“; vgl. die Erklärer zu Herod. 8,6 Zenob. V 34.
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Philon: Ueber das Leben Mosis (De vita Mosis) übersetzt von Benno Badt. H. & M. Marcus, Breslau 1909, Seite 262. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhiloMos1GermanBadt.djvu/048&oldid=- (Version vom 1.8.2018)