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Philon: Ueber das Leben Mosis (De vita Mosis) übersetzt von Benno Badt

auch einer der Diener des grossen Königs, ein unsichtbarer Engel, ein in die Wolke gehüllter Wegweiser, den mit leiblichen Augen zu sehen nicht erlaubt ist.

167 (30.) Der König von Aegypten aber sah sie bereits im Geiste ohne Weg und Steg durch eine rauhe und pfadlose Wüste wandern und freute sich über das Scheitern ihres Zuges, denn er glaubte, sie seien eingeschlossen und hätten keinen Ausweg; da es ihn reute, sie entlassen zu haben, unternahm er es, sie zu verfolgen, um entweder die Menge durch Furcht zur Umkehr zu bestimmen und sie wieder zu Sklaven zu machen oder sie zu töten, falls sie sich mannhaft der Unterjochung widersetzten. 168 Da nahm er seine ganze Reiterei, gab seinen Vornehmen Speerwerfer, Schleuderer, Bogenschützen zu Pferde und Leichtbewaffnete, soviel er hatte, und 600 Sichelwagen, seine schönsten, damit sie mit gebührendem Glanze ihm folgten und an dem Zuge teilnahmen. In höchster Schnelligkeit zog er gegen sie aus und eilte mit aller Macht, um sie plötzlich unversehens zu überfallen; denn das unerwartete Uebel ist immer um so schlimmer als das erwartete, je leichter das mit Lässigkeit Bewachte anzugreifen ist als das mit Sorgfalt Gehütete. 169 In dieser Absicht setzte er ihnen nach und hoffte, auf den ersten Angriff Sieger zu sein; sie aber hatten eben am Meeresgestade ihr Lager aufgeschlagen und waren im Begriff zu frühstücken, da erscholl zuerst grosses Getöse, da soviel Menschen und Zugtiere zusammen in Eile heranjagten; daher strömten sie in Masse aus den Zelten und stellten sich auf die Zehen, um sich umzuschauen und gespannt zu lauschen. Da sah [p. 108 M.] man bald darauf hoch oben auf einem Hügel das feindliche Heer in Waffen zur Schlacht geordnet. 170 (31.) Durch die unerwartete, plötzliche Erscheinung erschreckt und weder zur Abwehr genügend vorbereitet infolge des Mangels an Abwehrmitteln – waren sie ja nicht zum Kriege, sondern um sich anderswo anzusiedeln, ausgezogen – noch zu fliehen imstande – hinter ihnen Meer, Feinde vor ihnen, auf beiden Seiten tiefe, pfadlose Wüste –, in Unruhe und Verzweiflung ob des grossen Unglücks, beschuldigten sie, wie es in solchem Missgeschick zu geschehen pflegt, ihren Anführer

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Philon: Ueber das Leben Mosis (De vita Mosis) übersetzt von Benno Badt. H. & M. Marcus, Breslau 1909, Seite 260. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhiloMos1GermanBadt.djvu/046&oldid=- (Version vom 1.8.2018)