Philon: Ueber das Leben Mosis (De vita Mosis) übersetzt von Benno Badt | |
|
die zum Gemeinwohl beitrug. 152 Er allein von allen, die je eine Herrschaft innehatten, häufte nicht Gold, nicht Silber auf, trieb nicht Abgaben ein, erwarb nicht Häuser, nicht Landgüter, nicht Vieh, nicht eine Dienerschar von Haussklaven, nicht Privateinkommen, keines der andern Mittel, die zu Wohlstand und Macht führen, obwohl er alles in Fülle haben konnte; 153 in der Ueberzeugung vielmehr, dass das Gefallen an materiellem Reichtum Armut der Seele ist, verachtete er diesen als einen blinden[1] und hielt dafür den hellsehenden des Geistes hoch und strebte nach ihm wie wohl kaum ein zweiter; in Kleidung, in Nahrung, in der sonstigen Lebensführung nicht anspruchsvoll um des Eindrucks grösserer Würde willen, war er auf Einfachheit und Genügsamkeit eines Privatmannes bedacht, auf wahrhaft königliche Pracht aber nur in den Dingen, in denen den anderen es zuvorzutun für ihn als Herrscher rühmlich war: 154 nämlich in Enthaltsamkeit, Standhaftigkeit, Besonnenheit, Scharfsinn, Einsicht, Wissen, Arbeitsamkeit, Widerstandsfähigkeit gegen Uebel, Gleichgiltigkeit gegen Vergnügungen, Gerechtigkeit, Ermunterung zum Guten, Tadel und gesetzmässiger Züchtigung für Sünder, Lob andrerseits und gesetzmässiger Auszeichnung für recht Handelnde. 155 (28.) Weil er also der Gewinnsucht und dem unter den Menschen sich aufblähenden Reichtum entsagt hat, ehrt ihn Gott dadurch, dass er ihm dafür den grössten und vollkommensten Reichtum gewährt; das ist aber der Reichtum der gesamten Erde und des Meeres und der Ströme und der anderen einfachen Elemente und zusammengesetzten Stoffe. Er würdigte ihn nämlich der Ehre, als Teilhaber seiner eigenen Macht zu erscheinen, und überliess ihm das ganze Weltall wie ein ihm als Erben gebührendes Besitztum. 156 Daher gehorchte ihm denn wie einem Herrn jedes der Elemente, indem es seine Natur änderte und sich seinen Anordnungen fügte. Und das ist vielleicht gar nicht zu verwundern, denn wenn nach dem Sprichwort „das Eigentum von Freunden ihnen gemeinsam gehört“[2], der Prophet aber ein Freund Gottes genannt wird (2 Mos. 33,11), so
Philon: Ueber das Leben Mosis (De vita Mosis) übersetzt von Benno Badt. H. & M. Marcus, Breslau 1909, Seite 257. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhiloMos1GermanBadt.djvu/043&oldid=- (Version vom 1.8.2018)