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Philon: Ueber das Leben Mosis (De vita Mosis) übersetzt von Benno Badt

hinauszutreiben, denn sie hielten es schon für eine unheilbare Strafe, es auch nur einen Tag, ja auch nur eine Stunde länger zurückzuhalten. 140 (25.) Jene aber, obwohl [p. 103 M.] gejagt und zur Eile angetrieben, kamen zum Bewusstsein ihres eigenen Wertes und wagten eine Tat, die ihrem Gefühl der Befreiung und der lebhaften Erinnerung an das entsprach, was man ihnen ungerechterweise und mit List angetan hatte. 141 Viele Beute nämlich trugen sie davon (2 Mos. 12,35f.), die sie teils auf ihren eigenen Schultern mitnahmen, teils den Lasttieren aufluden, nicht aus Gewinnsucht oder, wie man wohl anklagend sagen könnte, aus Verlangen nach fremdem Gut, – weshalb auch? – sondern einmal als den durchaus angemessenen Lohn für die Dienste, die sie die ganze Zeit hindurch geleistet hatten, dann aber auch als kleinere, keineswegs gleichwertige Vergeltung dafür, dass sie geknechtet wurden; denn wo gilt Schaden an Hab und Gut gleich der Beraubung der Freiheit, für die vernünftige Menschen nicht nur ihr Vermögen preiszugeben, sondern auch den Tod zu erleiden entschlossen sind? 142 In beiden Fällen handelten sie richtig, mochten sie wie im Frieden von ihnen wider ihren Willen den Lohn nehmen, dessen[1] sie lange Zeit beraubt worden waren, weil man ihn zu geben sich weigerte, oder wie im Kriege nach dem Rechte der Sieger das Eigentum ihrer Feinde zu plündern für angemessen halten; denn diese hatten mit der Gewalttätigkeit den Anfang gemacht, indem sie, wie ich vorhin gesagt, Fremde und Schutzflehende wie Kriegsgefangene knechteten, während sie selbst zu geeigneter Zeit ohne Aufgebot von Waffen sich nur wehrten, wobei der Gerechte (Gott) sie beschirmte und seine Hand über sie hielt.

143 (26.) Durch solche Plagen und Strafen also wurde Aegypten verwarnt; keine von ihnen traf die Hebräer, obwohl sie in denselben Städten, Dörfern und Wohnungen mit ihnen weilten, und obwohl Erde, Wasser, Luft, Feuer, die Elemente der Natur, der zu entrinnen unmöglich ist, die Plagen brachten; und das war eben das grösste Wunder,


  1. Für ὃν παρ’ ἀκόντων ist wohl παρ’ ἀκόντων, ὃν zu lesen.
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Philon: Ueber das Leben Mosis (De vita Mosis) übersetzt von Benno Badt. H. & M. Marcus, Breslau 1909, Seite 254. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhiloMos1GermanBadt.djvu/040&oldid=- (Version vom 1.8.2018)