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Philon: Ueber das Leben Mosis (De vita Mosis) übersetzt von Benno Badt

wie erwähnt, ein sehr schwaches, aber nicht stachelloses Gewächs, sodass er, wenn man ihn auch nur anrührt, verwundet, wurde durch das von Natur zehrende Feuer nicht verzehrt, sondern im Gegenteil von ihm geschützt und behielt sein ursprüngliches Wesen wie vor dem Brennen ohne jegliche Schädigung, ja er gewann sogar noch einen Glanz hinzu. 69 Alles dies ist gewissermassen eine Anspielung auf [p. 92 M.] die damalige Lage[1] des Volkes, die den Unglücklichen förmlich mit lauter Stimme sagte: „Lasset den Mut nicht sinken; die Schwäche ist eure Kraft, die mit ihrem Stachel Zahllose verwunden wird. Von denen, die euren Stamm zu vernichten trachten, werdet ihr gegen ihren Willen gerettet und nicht vernichtet werden; durch die Leiden werdet ihr nicht geschädigt werden, sondern gerade, wenn man glauben wird euch zu vertilgen, werdet ihr erst recht im Ruhmesglanze ·erstrahlen“. 70 Andrerseits war das Feuer, das Verderben wirkende Element, eine Zurechtweisung der Hartherzigen: „Ueberhebet euch nicht ob eurer eigenen Stärke; nehmet Vernunft an, wenn ihr sehet, wie die unüberwindlichen Kräfte hier vernichtet werden; während die zündende Kraft der Flamme wie Holz entzündet wird, hat das von Natur brennbare Holz sichtlich zündende Kraft wie ein Feuer“.

71 (14.) Nachdem die Gottheit dies staunenswerte Wunder dem Moses gezeigt, die deutlichste Mahnung für die bevorstehenden Ereignisse, beginnt sie ihn auch durch Offenbarungen zur Uebernahme der Sorge für das Volk anzuspornen, denn er werde nicht nur der Schöpfer seiner Freiheit, sondern auch Führer der in kurzem von dort anzutretenden Wanderung sein, und verspricht ihm ihren Beistand in allem. 72 „Seit langer Zeit misshandelt und unerträglichen Hochmut erduldend, ohne dass irgend ein Mensch ihr Unglück zu erleichtern sucht oder auch nur Mitleid zeigt, haben sie mein Erbarmen erregt“, spricht Gott, „denn <ich weiss>, dass sie, jeder für sich und alle gemeinsam, unter flehentlichen Gebeten auf meine Hilfe hoffen. Und ich bin ein gütiges Wesen und aufrichtigen Schutzflehenden gnädig. 73 Gehe denn zu dem Könige des Landes; du brauchst


  1. So nach der von Cohn vorgeschlagenen Aenderung (διαθέσεως für ὑποθέσεως).
Empfohlene Zitierweise:
Philon: Ueber das Leben Mosis (De vita Mosis) übersetzt von Benno Badt. H. & M. Marcus, Breslau 1909, Seite 238. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhiloMos1GermanBadt.djvu/024&oldid=- (Version vom 1.8.2018)