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Philon: Ueber das Leben Mosis (De vita Mosis) übersetzt von Benno Badt

18 (5.) Als er aber in ungewöhnlichem Masse und ungewöhnlich schnell wachsend und gedeihend[1] entwöhnt wurde, da erschien die Mutter und Amme und brachte ihrer Auftraggeberin das der Säuglingsnahrung nicht mehr bedürfende Kind, das edel und hübsch anzuschauen war. 19 Die Königstochter, die es entwickelter fand, als seinem Alter entsprach, und bei seinem Anblick noch mehr als früher Zuneigung zu ihm empfand, nimmt es an Sohnes Statt an. Vorher schon hatte sie ihrem Leib künstlich den Anschein der Schwangerschaft gegeben, damit es für ihr leibliches Kind und nicht für untergeschoben gehalten werde. Alles, was Gott will, macht er leicht, auch das Schwerste. 20 So wurde ihm nun königliche Pflege und Erziehung zu teil; aber nicht wie sonst ein ganz junges Kind hatte er an Scherzen, Lachen und Tändeleien Freude, obwohl die mit der Sorge um ihn Betrauten ihm gestatteten, sich gehen zu lassen, und ihm keinerlei Strenge zeigten, sondern züchtigen und ernsten Wesens hörte und sah er mit Aufmerksamkeit nur, was seine Seele fördern konnte. 21 Aus allen Gegenden kamen bald Lehrer herbei, teils aus den Grenzländern und den ägyptischen Landesteilen unaufgefordert, teils für grossen Sold aus Hellas herbeigeholt. Aber in nicht langer [p. 84 M.] Zeit überragte er sie an Fähigkeit – denn durch seine natürliche Fassungsgabe kam er ihren Belehrungen zuvor, so dass es ein Sicherinnern, nicht ein Lernen, zu sein schien – und ersann auch selbst schwierige Fragen hinzu. 22 Denn viele neue Bahnen der Wissenschaft eröffnen grosse Naturen; und wie wohlgebildete und in allen Gliedern leicht bewegliche Körper die Lehrmeister im Ringen der Sorge entheben, so dass sie ihnen keine oder nur sehr geringe Pflege zuzuwenden brauchen, ebenso wie auch der Landmann wohlgewachsenen, edlen und von selber sich veredelnden Bäumen, ganz so kommt eine wohlgebildete Seele der Belehrung auf halbem Wege entgegen, gewinnt mehr Förderung durch sich selbst als durch ihre Lehrer und eilt, hat sie erst einmal


  1. Auch nach dem Midrasch wuchs Moses ungewöhnlich rasch: vgl. Schemot R. c. 1 zu 2 Mos. 2,10 und 11.
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Philon: Ueber das Leben Mosis (De vita Mosis) übersetzt von Benno Badt. H. & M. Marcus, Breslau 1909, Seite 226. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhiloMos1GermanBadt.djvu/012&oldid=- (Version vom 1.8.2018)