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Philon: Der Erbe des Göttlichen (Quis rerum divinarum heres sit) übersetzt von Joseph Cohn

Über die Frage: Wer ist der Erbe der göttlichen Dinge? und über die Teilung in Gleiches und Gegensätzliches.

Diese Schrift Philos ist eine rein allegorische Erklärung von 1 Mos. 15, 2–18 mit der Haupttendenz, das Ideal eines vollkommen tugendhaften, gotterfüllten Weisen zu zeichnen, der der ewigen Glückseligkeit würdig und teilhaftig ist. Die Beantwortung der in der Überschrift gestellten Frage ist eigentlich schon mit § 129 erledigt, wenn auch Philo noch hier und da auf sie anspielt und zum Schluß (§ 303) ausdrücklich auf sie zurückkommt.

Das zweite Thema wird beiläufig § 133–229 behandelt. Nachdem Philo (§ 130–132) die Bibelworte: „Er teilte sie (die ihm gebrachten Tiere Kalb, Widder und Ziege) mitten durch und legte die Stücke einander gegenüber“ (1 Mos. 15, 10) allegorisch dahin erklärt hat, daß Gott die Seele in Vernünftiges und Vernunftloses, die Sprache in Wahrheit und Lüge, die Sinnlichkeit in faßbare und unfaßbare Vorstellungen mit seinem Logos als Teiler zerlegt und die Teile einander gegenübergestellt hat, schildert er daran anknüpfend die gesamte Zerlegungstätigkeit des Logos, der die Welt ihre Entstehung und ihr Dasein verdankt. Alles sei geworden durch die Teilung des Urstoffes, der Substanz des Weltganzen, in die vier Elemente und durch deren Zerlegung. Sonst (z. B. § 197 und 199) läßt Philo, wie die Stoiker, die Welt durch Zusammensetzung, Mischung und Verbindung der Elemente entstehen. Mit Anlehnung an das Bibelwort: „Er teilte mitten durch“ sagt dann Philo, daß alles in der Welt einander gleich ist, teils vollständig gleich, teils an Größe, Gewicht oder Wert, teils verhältnismäßig, teils deswegen, weil alles aus Gottes Hand hervorgegangen ist und an seiner Meisterschaft teilhat.

Schließlich geben die Worte: „Er legte sie einander gegenüber“ ihm Veranlassung, die auf Heraklit zurückgehende und besonders

Empfohlene Zitierweise:
Philon: Der Erbe des Göttlichen (Quis rerum divinarum heres sit) übersetzt von Joseph Cohn. H. & M. Marcus, Breslau 1929, Seite 214. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhiloHerGermanCohn.djvu/1&oldid=- (Version vom 23.2.2020)