Philon: Über die Trunkenheit (De ebrietate) übersetzt von Maximilian Adler | |
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sich: Gottesfurcht, Frömmigkeit, Naturphilosophie, Meteorologie, Sittenbildung, Staatskunst, Verwaltungs- und Regierungskunst, Gesetzgebungswissenschaft und tausend andere Fähigkeiten, und dennoch wird man sehen können, daß er in ihnen allen nur ein einziges und das gleiche Wesen hat. [23] 93 Nachdem wir nun über die vier Gruppen der Kinder genug gesprochen haben, dürfen wir auch das nicht übersehen, was unsere Unterscheidung und Einteilung der Hauptpunkte aufs klarste rechtfertigen kann; ihren aus Unverstand überheblichen und aufgeblasenen Sohn klagten nämlich die Eltern in der Art an, daß sie sagten: „dieser unser Sohn“ (5 Mos. 21, 20); damit wiesen sie auf den ungehorsamen und widerspenstigen hin. 94 Denn durch das hinweisende Fürwort „dieser“ machen sie offenbar, daß sie auch andere Kinder haben,[1] welche teils einem Elternteile, teils beiden gehorchen;[2] wohlgeratene Gedanken, für die Ruben[3] ein Beispiel ist; andere, hör- und lernfreudige, zu denen Simeon gehört; sein Name bedeutet nämlich Gehör;[4] (andere), die sich zu Gott um Hilfe geflüchtet haben, die Schar der Leviten;[5] (andere), die das Danklied singen, aber nicht so sehr mit vernehmbarer Stimme als in Gedanken, deren Stimmführer Juda ist;[6] (andere), die wegen der
- ↑ Die gleiche Deutung des hinweisenden Fürwortes findet sich De mut. nom. § 206. [Auch die rabbinische Auslegung urgiert das Fürwort, jedoch in anderer Richtung. I. H.]
- ↑ Die Interpunktion Wendlands läßt nicht hervortreten, daß schon die λογισμοὶ εὐφυεῖς zur Unterteilung der folgsamen Kinder gehören und mit den folgenden Beispielen auf einer Stufe stehen; deshalb ist nach καταπειθεῖς stärker als durch einen Beistrich zu interpungieren.
- ↑ Ruben hat vor Simon denselben Vorrang, den das Sehen vor dem Hören hat (De mut. nom. 101f. u. ö.); denn seine Etymologie ist ὁρῶν υἱός (ebd. 98, De somn. II 33; vgl. S. 35 Anm. 1 zu § 82 unserer Schrift), und ὁρῶν <θεόν> ist für Philo der Fromme, der seinen hohen Rang nur dank der Gottesgabe der εὐφυΐα erreichen kann.
- ↑ Ähnliche Etymologie De mut. nom. 99; De somn. II 34.
- ↑ Die Leviten flüchten aus der irdischen Welt zu Gott, dem sie ihr Leben weihen. Ü. d. Opfer Abels 129ff. De fuga et invent. 88f.
- ↑ Juda wird hier, wie Ü. d. Pflanzung N. 135, als Geist allegorisiert, der Gott dankt und ihm fortgesetzt Loblieder singt; der Begriff des Geistigen wird aber hier umschrieben durch die Ablehnung der Vorstellung einer vernehmbaren Stimme. Über die stoff- und körperlose Natur Judas vgl. Alleg. Erkl. I 82.
Philon: Über die Trunkenheit (De ebrietate) übersetzt von Maximilian Adler. H. & M. Marcus, Breslau 1929, Seite 39. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhiloEbrGermanAdler.djvu/039&oldid=- (Version vom 21.5.2018)