Philon: Über die Trunkenheit (De ebrietate) übersetzt von Maximilian Adler | |
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während sie doch dabei an allem Schaden nehmen, an Geld, Körper und Seele;[1] denn indem sie Geld beisteuern, mindern sie ihre Habe, in ihrem Körper zerbrechen und zerbröckeln sie die Kräfte infolge ihrer üppigen Lebensweise,[2] ihre Seele überschwemmen sie nach Art eines Gießbachs durch die Unmäßigkeit ihrer Mahlzeiten und zwingen sie, in die Tiefe zu sinken. 23 Auf die gleiche Weise schädigen daher auch alle, welche zur Entthronung der Zucht Beiträge leisten, das Eigentlichste ihres inneren Wesens, ihre denkende Seele,[3] indem sie ihr die Mittel zu ihrem Heile abschneiden,[4] nämlich Einsicht und Besonnenheit, ferner Tapferkeit und Gerechtigkeit.[5] Deswegen hat auch – scheint mir – (Moses) selber zur klareren Verdeutlichung des Gedankens das zusammengesetzte Wort: „Beiträge zusammenschießend“ gebraucht;[6] denn indem sie ihre Anschläge gegen die Tugend wie Beiträge zu einem Picknick beisteuern, verwunden und zerstückeln sie die hör- und lernfreudigen Seelen und schießen sie bis zur völligen Vernichtung zusammen. [7] 24 So heißt es daher vom weisen Abraham, er kehre zurück „von dem Niederhauen des Kedorlaomer und der mit ihm verbündeten Könige“ (1 Mos. 14, 17), und von Amalek an anderer Stelle, er habe „den Nachtrab“ des Ringenden[7] „zusammengehauen“ (5 Mos. 25, 18), und zwar in natürlicher Folgerichtigkeit; denn feind sind [361 M.] einander die Gegensätze[8] und trachten immer einer
- ↑ Musonius äußert sich in ähnlicher Weise: ἄμφω διαφθείρει, ψυχήν τε καὶ σῶμα, σώματι μὲν ἀσθένειαν καὶ ἀδυναμίαν, ψυχῇ δὲ ἀκολασίαν καὶ ἀνανδρίαν ἐμποιοῦν. Über die Verbreitung des τόπος in der Diatribe vgl. Wendland, Philo u. d. kyn.-stoische Diatribe S. 13, 5. – Die Dreiteilung χρήματα, σώματα, ψυχάς geht auf Platos Phädrus 241 C und die aristotelische Ethik zurück.
- ↑ Vgl. Über d. Trunkenheit § 214.
- ↑ Die Denkseele, von Philo einmal τῆς ψυχῆς κεφαλὴ genannt (De somn. I § 128), ist der beste Teil in uns (De fuga et invent. § 148), der göttlichste (Über die Nachstellungen § 29); denn: πᾶς ἄνθρωπος κατὰ τὴν διάνοιαν ᾠκείωται λόγῳ θείῳ (Über d. Weltschöpfung § 146).
- ↑ Im Griechischen präludiert das Wort ἀποκόπτοντες der Erklärung des Ausdruckes der LXX συμβολοκοπῶν, dem zuliebe Philo auch im folgenden § 24 Abraham und Amalek zitiert.
- ↑ Die vier platonischen und stoischen Kardinaltugenden.
- ↑ Die deutsche Sprache hat kein Wort, das den Doppelsinn von συμβολοκοπῶν bezeichnen könnte; die freie Wiedergabe: „zusammenschießen“ soll sowohl das Beisteuern wie das Niederhauen im militärischen Sinne andeuten.
- ↑ D. i. Jakob, mit dem Philo das Volk Israel identifiziert.
- ↑ Der Gegensatz zwischen Abraham und den Königen wird in unserer Schrift § 105 erwähnt, der Kampf zwischen Israel und Amalek Alleg. Erkl. III § 186 erklärt und gedeutet.
Philon: Über die Trunkenheit (De ebrietate) übersetzt von Maximilian Adler. H. & M. Marcus, Breslau 1929, Seite 15. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhiloEbrGermanAdler.djvu/015&oldid=- (Version vom 8.6.2018)