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Philon: Über die Trunkenheit (De ebrietate) übersetzt von Maximilian Adler

b) Dagegen bringt die Sucht nach einem lustvollen Leben eine Übertriebenheit im Genuß hervor und maßlose Anforderungen an die Kunst des Oberbäckers, des Obermundschenks und des Oberkoches. § 216–219.
3. Am unersättlichsten aber sind die Menschen im Weingenuß. § 220. 221.
4. Ihre Unersättlichkeit führt jedoch nicht zur Stillung ihres Durstes, sondern, nach Deut. 32, 32. 33, zur Strafe Gottes für ihre Schlechtigkeit. § 222–224.

[357 M.] [1] 1 Die Ansichten, welche die anderen Philosophen[1] über die Trunkenheit ausgesprochen haben, verzeichneten wir, so gut als es möglich war, in dem vorhergehenden Buche;[2] jetzt wollen wir betrachten, was der allergrößte und allerweiseste Gesetzgeber über sie meint. 2 An vielen Stellen des Gesetzeswerkes[3] nämlich tut er des Weines und des Gewächses, das den Wein hervorbringt‚ des Weinstockes,[4] Erwähnung; und während er den einen erlaubt, sich vollzutrinken, gestattet er es den anderen nicht, und manchmal trägt er sogar den gleichen Personen das Entgegengesetzte auf: Wein zu genießen und auch wieder nicht. Die Letztgenannten sind diejenigen, welche das große Gelübde gelobt haben[5] (4 Mos. 6, 2ff.). Die anderen aber, welchen der Genuß des ungemischten Weines untersagt ist, (sind) die Priester während der gottesdienstlichen Verrichtungen[6] (3 Mos. 10, 9),


  1. Gemeint sind die verschiedenen Ansichten griechischer Philosophen über das Problem: εἰ μεθυσθήσεται ὁ σοφός, von denen wir einen Teil in Philos Schrift: Uber die Pflanzung Noahs § 142–177 lesen.
  2. D. i. im 1. Buche „Ü. d. Trunkenheit“, von dem uns ein Teil in den §§ 139–177 der Schrift Ü. d. Pflanzung Noahs enthalten ist; dort ist § 141 auf unsere Abhandlung verwiesen, mit deren ersten Worten Philo hier auf jene Stelle zurückgreift.
  3. Νομοθεσία, auch Über die Landwirtsch. § 2 u. ö., bezeichnet den Pentateueh oder die in ihm enthaltenen Gebote und Satzungen.
  4. Wie im folgenden den Wein, so betrachtet Philo an anderen Stellen auch den Weinstock als Symbol der ἄνοια, ἀφροσύνη und der εὐφροσύνη. Vgl. Philonis op. VII Leisegangs Index verborum s. v.
  5. Dem Nasir ist während der Zeit der Weihe der Genuß alles dessen, „was vom Weinstock bereitet wird“, verboten; ist die Zeit seiner Weihe jedoch voll, darf der Geweihte Wein trinken (4 Mos. 6, 20). – Über das Gelübde des Nasir s. I. Heinemann: ‘Philos Lehre vom Eide’ in: „Iudaica, Festschr. zu Herm. Cohens 70. Geburtst.“ S. 114.
  6. Ausführlicher bespricht Philo diese Bibelstelle § 127ff. unserer Abhandlung.
Empfohlene Zitierweise:
Philon: Über die Trunkenheit (De ebrietate) übersetzt von Maximilian Adler. H. & M. Marcus, Breslau 1929, Seite 8. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhiloEbrGermanAdler.djvu/008&oldid=- (Version vom 1.10.2017)