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Philon: Über das Zusammenleben um der Allgemeinbildung willen (De congressu eruditionis gratia) übersetzt von Hans Lewy

Bosheit peinigt usw.“ (2 Mos. 22, 22).[1] Was meint (Moses) damit? Können sie denn noch auf andere Weise als in Bosheit gepeinigt werden? Wenn die Peinigungen nur die Tat der Bosheit sind, wäre es ja überflüssig, diese Selbstverständlichkeit niederzuschreiben, da dies ja auch ohne den Zusatz (sc. durch die Bosheit) verständlich ist. 179 Er will also jedenfalls sagen: „Ich weiß, daß man auch von der Tugend getadelt und von der rechten Einsicht gezüchtigt wird. Darum erkläre ich nicht jede Peinigung für ein Verbrechen, vielmehr bewundere ich ganz besonders die (Peinigung), welche eine Tat der Gerechtigkeit und Gesetzgebung ist; denn diese bringt durch Strafe zur Vernunft. Die Peinigung der Unvernunft und Schlechtigkeit aber verwerfe ich, da sie schädlich ist, und halte sie notwendig für schlecht. 180 Wenn du also vernimmst, daß Hagar von Sarah gepeinigt wird, so darfst du darunter nicht eine der unter Frauen üblichen Eifersuchtsszenen verstehen; denn nicht um Frauen geht die Rede, sondern um Denkseelen, deren eine sich in der Vorschule (der allgemeinen Bildung) übt, während die andere die Wettkämpfe der Tugend bis zum Ende durchkämpft.“

Empfohlene Zitierweise:
Philon: Über das Zusammenleben um der Allgemeinbildung willen (De congressu eruditionis gratia) übersetzt von Hans Lewy. H. & M. Marcus, Breslau 1938, Seite 49. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhiloCongrGermanLewy.djvu/049&oldid=- (Version vom 10.12.2016)
  1. Κακίᾳ κακώσετε, das die hebräischen Worte עַנֵּה תְעַנֶּה‎ wiedergibt, wird hier von Philo wörtlich gedeutet. Ähnliche Erklärungen von βρώσει φάγῃ (1 Mos. 2, 16) und θανάτῳ ἀποθανεῖσθε (ebd. V. 17) finden sich in den Alleg. Erkl. I § 98 bzw. § 105.