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Philon: Über das Zusammenleben um der Allgemeinbildung willen (De congressu eruditionis gratia) übersetzt von Hans Lewy

der Vergnügungen des Leibes sowie die lockere und weichliche[1] Anschwellung der Seele – also das, was von Natur unrein und an sich unheilig ist – als heilige Dinge zu weihen. 170 Mit Recht spricht darum der prophetische Logos, mit Namen Moses, mit feierlichen Worten: „Erinnere dich an den langen Weg, den dich Gott der Herr in der Wüste geführt hat, um dich zu peinigen und zu prüfen und das Innere deines Herzens zu erkennen, ob du seinen Befehlen folgen willst oder [544 M.] nicht. Denn er hat dich gepeinigt, hat dich hungern lassen und mit dem Manna gespeist, das deine Väter nicht kannten, um dir zu verkünden, daß der Mensch nicht vom Brot allein lebt, sondern von jedem Wort, das aus Gottes Munde hervorgeht“ (5 Mos. 8, 2. 3). 171 Wer wäre so frevelhaft, Gott für einen Peiniger zu halten, der den Hunger, das schlimmste Übel, über die brachte, die ohne Nahrung nicht leben können?[2] Denn er ist gut und die Ursache des Guten, ein Wohltäter, Retter, Ernährer, ein Bringer des Reichtums und Gabenspender. Er hat das Böse aus dem heiligen Bezirk verbannt; so hat er Adam und Eva, eine Last für die Erde,[3] aus dem Paradies vertrieben. 172 Lassen wir uns darum durch den Wortlaut nicht täuschen, sondern suchen wir das, was nach der geheimen Bedeutung der Worte darunter zu verstehen ist, und sprechen wir aus, daß, „er peinigte“ hier das gleiche bedeutet wie „er erzog“, „er wies zurecht“, „er maßregelte“, und daß, „er ließ ihn hungern“[4] hier nicht besagen kann: „er bewirkte Mangel an Speise und Trank“, sondern: an Lüsten und Begierden, Furcht und Trauer[5] und Ungerechtigkeiten,[6] kurz an allen Werken der Schlechtigkeit oder Leidenschaft. Das bezeugen die beigefügten Worte: „Er speiste dich mit Manna.“ 173 Ist es etwa recht, ihn, der dem Menschen eine Nahrung ohne Plage und Strapazen darreichte, die ihm ohne Bemühung zufiel und nicht wie üblich aus der Erde hervorsproß, sondern als ein Wunderwerk zum

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Philon: Über das Zusammenleben um der Allgemeinbildung willen (De congressu eruditionis gratia) übersetzt von Hans Lewy. H. & M. Marcus, Breslau 1938, Seite 47. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhiloCongrGermanLewy.djvu/047&oldid=- (Version vom 10.12.2016)
  1. Der Honig symbolisiert hier das ἄλογον oder ἐπιθυμητικὸν μέρος τῆς ψυχῆς (s. darüber oben § 21 Anm. 1).
  2. Gemeint sind die Menschen, s. o. § 33.
  3. [Anklang an Homer Ilias XVIII 104: ἄχθος ἀρούρης. M. A.]
  4. Λιμῷ παρέβαλε ist Umschreibung des im literarischen Griechisch ungebräuchlichen Septuagintawortes: ἐλιμαγχόνησεν.
  5. [Das sind die vier stoischen Affekte, in zwei Paare eingeteilt nach dem Gesichtspunkte: πάθη περὶ τὸ ἀγαθόν ἐνεστὼς ἢ μέλλον und περὶ τὸ κακὸν παρὸν ἢ προσδοκώμενον, StVF. III 388. M. A.]
  6. S. o. § 81 Anm. 3.