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Philon: Über das Zusammenleben um der Allgemeinbildung willen (De congressu eruditionis gratia) übersetzt von Hans Lewy

nur kleinliche Redereien zustande bringen.[1] Diesen wohnt die Kebsfrau Ruma bei, die nur „recht wenig sehen“ kann; denn sie besitzen nicht die Kraft, um zur Erforschung der edleren Dinge zu gelangen, durch welche sie ihr Leben fördern könnten. 53 Wie in der Medizin die sog. Behandlung vermittels bloßer Worte[2] den Kranken keine Förderung verschafft – denn nur durch Arzneimittel, Chirurgie und Diät, aber nicht durch Redereien werden Krankheiten geheilt –, so gibt es auch in der Philosophie bloße Wortkrämer und Pointenjäger, die das mit Gebrechen beladene Leben weder zu heilen wünschen noch sich darum bemühen, sondern sich von frühester Jugend bis zum äußersten Greisenalter, ohne Scham zu empfinden, mit zänkischen Disputationen und Silbenstechereien abgeben, [527 M.] als ob die Glückseligkeit von der unendlichen und unermüdlichen Beschäftigung mit Substantiven und Verben[3] abhinge und nicht davon, daß man die Gesinnung, die Quelle des menschlichen Lebens,[4] bessere, indem man die Laster verjagt und die Tugenden hereinläßt.

[11] 54 Kebsweibartige Meinungen und Grundansichten aber legen sich auch die Frevler bei. Denn, wie es heißt, gebar Thamna, Eliphas’, des Sohnes Esaus, Kebsweib, dem Eliphas den Amalek (1 Mos. 36, 12). Wie glanzvoll ist doch die niedrige Herkunft dieses Sprößlings! Man kann seine geringe Herkunft sofort erkennen, wenn man sich von der Ansicht freimacht, daß die obigen Worte sich auf Menschen beziehen, und unsere Seele wie ein Anatom betrachtet.[5] 55 Denn den Vernunft– und maßlosen Ansturm des Affekts nennt die Schrift Amalek, d. h. übersetzt „aufleckendes Volk“.[6] Wie nämlich des

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Philon: Über das Zusammenleben um der Allgemeinbildung willen (De congressu eruditionis gratia) übersetzt von Hans Lewy. H. & M. Marcus, Breslau 1938, Seite 18. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhiloCongrGermanLewy.djvu/018&oldid=- (Version vom 28.11.2016)
  1. Philo polemisiert hier ganz allgemein gegen die Streitsucht der Skeptiker, die er als Sophisten behandelt. Er will nicht sagen, daß sie sich nicht mit metaphysischen Problemen befassen wollen (s. dagegen: Erbe des Göttlichen § 246f.), sondern daß sie vor lauter Streitereien gar nicht zu den wesentlichen Fragen kommen.
  2. Mit dieser καλουμένη λογοϊατρία ist nicht eine bestimmte medizinische Schule des Altertums, sondern ein Typus Arzt gemeint, der seine Unkenntnis der medizinischen Praxis hinter sophistischen Redekünsten verbirgt. Vgl. Galen XV 159 ed. Kühn: Σοφιστὴς … ἀνομίλητος τοῖς ἔργοις τῆς τέχνης, οὓς ὀρθῶς ὀνομάζουσιν οἱ παλαιοὶ λογιάτρους. Anders: Über die Nachstellung usw. § 43 Anm. 1.
  3. Vgl. Über die Wanderung Abrahams § 49 Anm.
  4. Vgl. Arnim, StVFr. I 205.
  5. Vgl. zu § 44.
  6. Amalek = עם לקק‎ ; vgl. Alleg. Erkl. III § 186 Anm. 1.