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Philon: Ueber Abraham (De Abrahamo) übersetzt von Joseph Cohn

Gefangener fort und verteilten diese unter sich mit der übrigen Beute; auch den Bruderssohn des Weisen führten sie fort, der unlängst in eine der fünf Städte übergesiedelt war. [40] 230 Als dies von einem aus der Schlacht Entronnenen dem Abraham gemeldet wurde, war er sehr betrübt und konnte in seinem Schmerze nicht ruhig bleiben; er beklagte den lebenden noch mehr als wenn er seinen Tod erfahren hätte; denn er wusste, dass der Tod, wie schon das Wort besagt[1], das Ende aller und zumal der bösen Lebensschicksale ist, dass dagegen sehr viel Unangenehmes den Lebenden droht. 231 Als er sich aber anschickte, die Verfolgung aufzunehmen, um den Bruderssohn zu retten, fehlte es ihm an Bundesgenossen, da er ja ein Fremdling und Ansiedler war und niemand den Mut hatte, der unwiderstehlichen Truppenmacht so vieler Könige, die eben gesiegt hatten, entgegenzutreten. 232 Aber er fand eine neue Art von Bundesgenossenschaft – denn Hilfe findet sich in der Hilflosigkeit, wenn man sich zu gerechten und edlen Werken gedrängt fühlt – ; er versammelte nämlich seine Dienerschaft und befahl den für Geld gekauften Sklaven zu Hause zu bleiben, denn er fürchtete ihr Davonlaufen, die im Hause geborenen dagegen musterte er aus und teilte sie in Abteilungen von je 100 Mann und rückte in drei Reihen vor, obwohl er nicht auf diese sein Vertrauen setzte, denn es war nur ein geringer Bruchteil der Heeresmassen der Könige, sondern auf Gott, den Beschützer [34 M.] und Vorkämpfer des Gerechten. 233 Mit der grössten Schnelligkeit eilte er vorwärts und liess nicht nach, bis er den rechten Augenblick abpasste und bei Nacht über die Feinde herfiel, die gerade ihre Abendmahlzeit eingenommen hatten und sich zur Ruhe begeben wollten; einige tötete er auf ihrem Lager, andere, die sich ihm entgegenstellten, schlug er gänzlich nieder, über alle aber trug er einen starken Sieg davon, mehr durch die Kühnheit seiner Seele als durch Waffengewalt. 234 Und nicht eher liess er ab, als bis er das feindliche Heer samt den Königen gänzlich geschlagen und

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Philon: Ueber Abraham (De Abrahamo) übersetzt von Joseph Cohn. H. & M. Marcus, Breslau 1909, Seite 143. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhiloAbrGermanCohn.djvu/53&oldid=- (Version vom 11.5.2019)
  1. Die griechischen Worte für Tod (τελευτή) und Ende (τέλος) gehören zu demselben Stamm.