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Philon: Ueber Abraham (De Abrahamo) übersetzt von Joseph Cohn

dem Wirte gegenüber ihre Einfachheit im Essen zeigten, ihn mit schlichtem Anstand anredeten und den Umständen angemessene Unterhaltung mit ihm führten. 118 Ein Wunder war es aber, dass sie, ohne zu trinken und zu essen, die Vorstellung hervorriefen, als ob sie getrunken und gegessen hätten[1]. Aber das war nur eine Folgeerscheinung; das erste grosse Wunder besteht darin, dass sie als unkörperliche Wesen dem Weisen zu Gefallen Menschengestalt angenommen haben; denn weshalb geschah das Wunder, wenn nicht zu dem Zwecke, durch eine deutliche Erscheinung dem Weisen bemerkbar zu machen, dass er als solcher dem Allvater nicht verborgen geblieben sei?

[24] 119 Soviel sei zur buchstäblichen Erklärung gesagt; nun wollen wir mit dem verborgenen Sinn beginnen. Die wörtlichen Aeusserungen sind nur Symbole der im Geiste erfassten Vorstellungen. Wenn nun die Seele gleichsam wie zur Mittagszeit durch Gott erleuchtet wird, wenn sie ganz und gar von dem rein geistigen Licht erfüllt ist und die ringsum von ihm ausgehenden Strahlen auffängt, bekommt sie eine dreifache Vorstellung eines einzigen Gegenstandes, einmal die, dass er selbst da ist, und dann die, als ob zwei Schatten von ihm ausstrahlten, wie dies auch denen begegnet, die in einem sinnlich wahrnehmbaren Lichte weilen; denn häufig fallen doppelte Schatten von ruhenden oder bewegten Dingen zusammen ein. 120 Allerdings darf man nicht glauben, dass bei Gott die Schatten im eigentlichen Sinne gemeint sind; wir gebrauchen diesen Ausdruck nur, um die Sache, die erklärt werden soll, deutlicher zu machen, obgleich sie sich in Wahrheit nicht so verhält. 121 Es ist aber – wie einer, der der Wahrheit sehr nahe kommt, sagen könnte – der Vater des Weltalls der mittlere, der in den [19 M.] heiligen Schriften mit seinem eigentlichen Namen „der Seiende“ genannt wird, auf beiden Seiten aber sind die höchsten und nächsten Kräfte des Seienden, die schöpferische und die

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Philon: Ueber Abraham (De Abrahamo) übersetzt von Joseph Cohn. H. & M. Marcus, Breslau 1909, Seite 121. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhiloAbrGermanCohn.djvu/31&oldid=- (Version vom 11.5.2019)
  1. Dasselbe sagt der Midrasch. Vgl. Talm. Baba Mezia fol. 86 b, Midr. Beresch. R. c. 48 zu 1 Mos. 18,8 u. Targ. Jonathan z. St. Ebenso Josephus Altert. I § 197.