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Philon: Ueber Abraham (De Abrahamo) übersetzt von Joseph Cohn

habe; denn sie wusste, dass alles bei Gott möglich ist, da sie diese Lehre schon von Kindheit auf empfangen hatte. 113 Da erst bekam sie, wie mir scheint, eine andere Vorstellung von den erschienenen (Fremdlingen), eine würdigere, nämlich die von Propheten oder Engeln, die aus geistigem und seelenartigem Sein in menschenähnliche Gestalt sich verwandelt hätten.

[23] 114 Soviel sei über das gastfreundliche Wesen des Mannes gesagt, das aber nur ein Beiwerk einer grösseren Tugend ist; diese Tugend ist die Gottesfurcht, über die wir schon früher sprachen, für die aber auch das eben in Bezug auf die fremden Männer Erwähnte der deutlichste Beweis ist. 115 Wenn aber manche glauben, dass das Haus ein glückliches und gesegnetes ist, worin Weise sich einfinden und verweilen, die es nicht für recht halten würden, auch nur einen Blick hineinzuwerfen, wenn sie irgend eine unheilbare Leidenschaft in den Seelen der Bewohner wahrnehmen, so weiss ich nicht, welches Uebermass von Glück und Segen ich dem Hause zuerkennen soll, wo einzukehren und Gastfreundschaft von Menschen[1] zu geniessen Engel nicht verschmähten, heilige und göttliche Wesen, Diener und Statthalter des höchsten Gottes, durch die als seine Boten er kündet, was [18 M.] er unserem Geschlecht prophezeien will. 116 Wie hätten sie überhaupt eintreten dürfen, wenn sie nicht gewusst hätten, dass alle Bewohner wie die gut zusammengesetzte Bemannung eines Schiffes einem Befehle gehorsam sind, dem des Vorgesetzten, der gleichsam ihr Steuermann ist? Wie hätten sie sich den Anschein gegeben, als ob sie schmausten und sich bewirten liessen, wenn sie nicht den Gastgeber für einen Verwandten und Dienstgenossen gehalten hätten, der zu ihrem Gebieter seine Zuflucht genommen? Sicherlich aber darf man glauben, dass bei ihrem Eintritt alle Glieder des Hauses an Vortrefflichkeit noch gewannen und von einem Hauche vollendetster Tugendhaftigkeit durchweht wurden. 117 Das Gastmahl aber verlief so, wie es sich geziemt, da die Bewirteten

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Philon: Ueber Abraham (De Abrahamo) übersetzt von Joseph Cohn. H. & M. Marcus, Breslau 1909, Seite 120. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhiloAbrGermanCohn.djvu/30&oldid=- (Version vom 11.5.2019)
  1. Die Lesart der Handschrift C πρὸς ἀνθρώπων verdient hier den Vorzug vor der der übrigen Hss. πρὸς ἀνθρώπους. [L. C.]