Philon: Ueber Abraham (De Abrahamo) übersetzt von Joseph Cohn | |
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den Vorrang im Sündigen mit einander wetteiferten – denn mit vollem Ernst stritten sie mit einander, indem ein jeder sich gedrängt fühlte, den Nächsten an Grösse der Schlechtigkeit zu überbieten, und nichts unterliess, was zu einem tadelnswerten und fluchwürdigen Leben gehört –, [8] 41 so zürnte Gott natürlich darüber, dass das Geschöpf, welches das vorzüglichste zu sein schien und der Verwandtschaft mit ihm durch den Anteil an der Vernunft gewürdigt worden war, anstatt, wie es seine Pflicht war, die Tugend zu pflegen, der Schlechtigkeit und allen Arten von Schlechtigkeit nachging; deshalb verhängte Gott über sie die gerechte Strafe, indem er beschloss, alle damals Lebenden, nicht nur die in der Ebene und in den Niederungen, sondern auch die auf den höchsten Bergen Wohnenden, durch eine Ueberschwemmung zu vernichten. 42 Das grosse Weltmeer stieg, wie noch nie vorher, hoch empor und drang mit gewaltiger Wucht durch die Mündungen in unsere Meeresteile ein; ihre Fluten überschwemmten Inseln und Festländer, die Wassermassen der nie versiegenden Quellen und der Quellflüsse und Giessbäche vereinigten sich und ergossen sich ineinander und stiegen zu gewaltiger Höhe empor. 43 Auch die Luft blieb nicht in Ruhe, den ganzen Himmel bedeckte ein tiefes und dichtes Gewölk, es kamen unheildrohende Stürme, Donnergekrach, Wetterstrahlen und Blitzschläge, während unaufhörliche Wolkenbrüche niederstürzten, so dass man glauben konnte, die Teile des Weltalls wollten sich eilends in das eine Element des Wassers auflösen, bis die Wogen, da das von oben kommende (Wasser) nach unten stürzte und das von unten kommende hinauf drängte, so hoch gingen, dass durch sie nicht nur das ebene und tiefliegende Land überschwemmt und unsichtbar wurde, sondern auch die Gipfel der höchsten Berge. 44 Alle Teile der Erde versanken unter dem Wasser, so dass es schien, als ob sie ganz hinweggerissen und das Weltall – was weder zu sagen noch zu denken erlaubt ist – in seiner Vollkommenheit um ein grosses Stück geschädigt und verstümmelt sei. Ja sogar die Luft, ausser einem kleinen Teile in der Umgebung des Mondes, wurde von dem Andrang und der Gewalt des Wassers überwunden und verdrängt, und dieses trat an die Stelle jener. 45 Damals also
Philon: Ueber Abraham (De Abrahamo) übersetzt von Joseph Cohn. H. & M. Marcus, Breslau 1909, Seite 105. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhiloAbrGermanCohn.djvu/15&oldid=- (Version vom 9.3.2019)